Zuletzt haben die geplanten Ansiedlungen und Expansionen großer Marken wie Intel, Deutsche Aircraft, Beiersdorf oder Infineon die Immobilienmärkte Ostdeutschlands stark in den Fokus gerückt. Im August 2023 gab auch der taiwanesische Halbleiterhersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) bekannt, eine Milliardeninvestition in eine Chipfabrik in Dresden zu planen. Auf der Sächsischen Standortkonferenz Mikroelektronik wurde im April 2024 darauf geblickt, welche Herausforderungen und Chancen mit der Ansiedlung verbunden sind.
Artikel vom 29. August 2023: Der weltweit agierende taiwanesische Halbleiterhersteller TSMC hat angekündigt, gemeinsam mit Bosch, Infineon und NXP eine Halbleiterfabrik in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden errichten zu wollen. Das Joint Venture der Unternehmen heißt European Semiconductor Manufacturing Company (ESMC). Der Vorstand von TSMC gab seine Investitionsentscheidung am 8. August 2023 bekannt. Die Halbleiterfabrik soll im Bereich des Dresdner Airport Parks entstehen und TSMC wird laut Bundeswirtschaftsministerium etwa zehn Milliarden Euro in das Vorhaben investieren.
Das Produktionsvolumen der Fabrik soll 40.000 Wafer pro Monat in der Technologie 12-28 Nanometer betragen. Etwa 2.000 neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Laut den beteiligten Unternehmen ist der Produktionsstart für Ende 2027 geplant. Die Bundesregierung gab bereits bekannt, das Vorhaben im Rahmen des European Chips Acts zu fördern und ermöglichte zudem einen vorzeitigen Baubeginn - ähnlich dem beschleunigten Baubeginn beim Infineon-Werk, für das im Mai 2023 der Spatenstich gefeiert wurde. In der zweiten Hälfte des kommenden Jahres sollen demnach die Bauarbeiten beginnen.
Silicon Saxony - Hochburg der Halbleiterproduktion
In der Fabrik sollen Halbleiter-Chips hergestellt werden, die beispielsweise in Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen sowie für Wärmepumpen gebraucht werden. „Deutschland entwickelt sich jetzt wahrscheinlich zu dem großen Standort für die Halbleiterproduktion in Europa“, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz anlässlich der Investitionsentscheidung von TSMC.
Tatsächlich stammt schon heute jeder dritte in Europa produzierte Chip aus dem Silicon Saxony mit seinen mehr als 70.000 Beschäftigten – Tendenz steigend. Hier ist ein komplettes Halbleiter-Ökosystem gewachsen, welches neben großen Herstellern wie Bosch, Infineon und Globalfoundries auch eine sehr große Bandbreite von Zuliefer- und Dienstleistungsunternehmen aufweist.
Reaktionen zur Ansiedlung von TSMC in Dresden
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer: „Ich bin froh und stolz, dass der Freistaat mit seinen Standortvorteilen überzeugen konnte und mit TSMC einer der weltweit führenden Chiphersteller sein erstes europäisches Halbleiterwerk in Sachsen errichten will. Der Bau einer komplett neuen Halbleiterfabrik wird Europas größtes Mikroelektronikcluster, Silicon Saxony, und den gesamten Wirtschafts- und Technologiestandort Sachsen weiter stärken und so für einen kräftigen Wachstumsschub sorgen. Verbunden sind damit Investitionen in Milliardenhöhe und viele neue Arbeitsplätze – direkt und indirekt, auch in Handwerk und Mittelstand.“
Sachsens Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Dulig: „Es ist die größte Einzelinvestition eines Unternehmens im Freistaat Sachsen seit 1990. Das Industrieland Sachsen schreibt mit dieser Ansiedlung seine erfolgreiche Wirtschaftsgeschichte fort und wird mit TSMC zum globalen Halbleiterstandort. Zugleich stärkt diese angekündigte Investition im Herzen Europas den gesamten Kontinent, der sich unabhängiger von Chip-Importen aus den USA und Asien macht. Wir benötigen Halbleiter, um die brennenden Herausforderungen unserer Zeit zu meistern: Digitalisierung, Energiewende, Elektromobilität, Künstliche Intelligenz. TSMC ist eine gute Ergänzung zum E-Auto-Standort Sachsen. Denn ein E-Auto benötigt heute bis zu 1.500 Chips. Hier kommt zusammen, was zusammengehört.“
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert: „Heute dürfen wir mit all unseren Partnern in Stadt und Land kurz innehalten und uns über diesen Erfolg freuen, ab morgen wird die intensive Ansiedlungsarbeit entschlossen und mit ganzer Kraft fortgesetzt. Die sensationelle Entwicklung der Halbleiterindustrie erfordert zugleich einen erheblichen Infrastrukturausbau im Dresdner Norden. Die Landeshauptstadt treibt dabei die Ertüchtigung mit den zuständigen Ämtern und Versorgern intensiv voran. Auch für die absehbar steigende Nachfrage nach ÖPNV- und Wohnungsangeboten gilt es nun umso intensiver, tragfähige Lösungen zu entwickeln.“
Was bedeutet die TSMC-Ansiedlung in Dresden für die Region?
Update vom 11. April 2024: Die Entscheidung des taiwanesischen Halbleiterherstellers TSMC für einen neuen Produktionsstandort im Dresdner Norden ist eine große Chance für Sachsen, die Landeshauptstadt Dresden und das Umland. Die Großansiedlung bringt auch Herausforderungen mit sich: Welche Infrastruktur wird gebraucht? Wo werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wohnen? Oder wo werden ihre Kinder den Kindergarten oder die Schule besuchen? Diese und weitere Aspekte müssen frühzeitig angegangen werden. Ein wichtiger Auftakt für die Zusammenarbeit der betroffenen Kommunen war die Sächsische Standortkonferenz Mikroelektronik am 11. April 2024 in Radebeul. Der Einladung von Staatsminister Thomas Schmidt waren rund 120 Teilnehmer in das Tagungszentrum der Sächsischen Wirtschaft gefolgt.
Auf dem Weg zu einem Halbleiter-Ökosystem im Freistaat Sachsen
Gastgeber Thomas Schmidt, Staatsminister für Regionalentwicklung, begründet die Notwendigkeit des Austausches: „Wir wollen die neuen großen Ansiedlungen der Halbleiterindustrie in der Landeshauptstadt und deren Auswirkungen begleiten und befördern – und zwar mit vereinten Kräften. Es geht nicht ohne entscheidende Investitionen, zum Beispiel in zusätzliche Wohnungen, Schul- und Kinderbetreuungsplätze, die Versorgung mit Strom, Wasser und Abwasser, den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, aber auch die Ausweisung und Entwicklung von weiteren Industrie- und Gewerbegebieten. Dafür werden kluge und vor allem gemeinschaftlich abgestimmte Strategien und Maßnahmen benötigt.
Eine partnerschaftliche und lösungsorientierte Kooperation aller öffentlichen und privaten Akteure aus Stadt und Umland ist die Basis für ein vitales und prosperierendes Halbleiter-Ökosystem im Freistaat Sachsen. Das Sächsische Staatsministerium für Regionalentwicklung sieht sich hierbei als Partner, wir werden die Kommunen auf dem vor ihnen liegenden Weg unterstützen. Die heutige Standortkonferenz war dafür ein entscheidender Auftakt.“ Weil die neue Großansiedlung perspektivisch aber weiter nach Sachsen ausstrahlen werde, sei bereits jetzt davon auszugehen, dass sich der Kreis der einzubeziehenden Kommunen noch ausweiten werde, ist sich Minister Schmidt sicher.
Ansiedlung fördert Souveränität in einer Schlüsselbranche für die digitale und grüne Transformation
Oliver Schenk, Chef der Sächsischen Staatskanzlei, wo die Ansiedlung der geplanten TSMC-Fabrik federführend koordiniert wird, sagte: „Die Ansiedlung von TSMC ist von großer Bedeutung – nicht nur für den Mikroelektronikstandort Sachsen, sondern für Deutschland und Europa. Denn die Milliardeninvestition stärkt Europas größtes Mikroelektronikcluster, Silicon Saxony, und sorgt in Deutschland und der EU für mehr technologische Unabhängigkeit gegenüber Asien und Amerika sowie Souveränität in einer Schlüsselbranche für die digitale und grüne Transformation.
Die Ansiedlung wird auf ganz Sachsen ausstrahlen mit positiven Effekten bei Beschäftigung und Wertschöpfung. Von dieser insgesamt positiven Entwicklung werden auch kleinere Unternehmen und Handwerksbetriebe nachhaltig profitieren. Die Standortkonferenz ist eine gute Möglichkeit, um mit den betroffenen Kommunen darüber zu sprechen, wie wir unsere vorhandenen sozialen, wirtschaftlichen und verkehrlichen Strukturen koordiniert weiterentwickeln und unsere Ressourcen möglichst effizient bündeln können, um die bestmöglichen Voraussetzungen für landesweite positive Effekte zu schaffen.“
TSMC-Ansiedlung bringt Handlungsbedarf auf verschiedenen Feldern mit sich
Eine Einschätzung aus kommunaler Sicht zur Entwicklung des Halbleiterstandortes Dresden gab Dirk Hilbert, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, der eine enge Kooperation weit über die Grenzen der Stadt hinaus sucht: „Der Dresdner Nordraum erlebt derzeit eine sehr dynamische wirtschaftliche Entwicklung, die weit über die Grenzen der Landeshauptstadt Dresden ausstrahlt. Nicht nur die Ansiedlung des Halbleiterherstellers TSMC bringt mehrere Tausend neue Arbeitsplätze mit sich, sondern auch viele Bestandsunternehmen planen Erweiterungen oder realisieren diese bereits. Es ist in den folgenden Jahren mit einem weiteren Wachstum zu rechnen, das heute noch gar nicht absehbar ist.
Diese Entwicklungen bringen einen Handlungsbedarf auf verschiedenen Feldern mit sich, von technischer Infrastruktur und Verkehr über Wohnen bis hin zur sozialen Infrastruktur. Viele der vor uns liegenden Herausforderungen lassen sich in gemeinsamer Anstrengung aller regionalen Partner besser lösen als von der Landeshauptstadt Dresden allein. Ich freue mich deshalb, dass der Freistaat Sachsen mit der Organisation der heutigen Anrainerkonferenz einen konkreten Auftakt in Richtung einer stärkeren interkommunalen Zusammenarbeit in der Region Dresden gemacht hat. Dies kann nur ein erster Schritt sein, dem wir weitere folgen lassen müssen. Ich strecke dafür meine Hand in Richtung der benachbarten Landkreise, Städte und Gemeinden aus.“