Weil immer mehr Menschen im Internet einkaufen, werden viele Kaufhäuser und Shopping-Malls überflüssig. Am Ostbahnhof in Berlin wurde deshalb von SIGNA das zu DDR-Zeiten gebaute Centrum Warenhaus in ein modernes Bürogebäude mit Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss verwandelt.
Der Abschwung des einen, kann der Aufschwung des anderen sein – wenn es eine gute Idee und einen Bedarf dafür gibt. Am Ostbahnhof in Berlin ist die Revitalisierung eines nicht mehr zeitgemäßen Warenhauses geglückt. Bereits lange vor der Corona-Pandemie war das Aus für den Shopping-Tempel aus DDR-Zeiten gekommen. Wegen des rückläufigen Umsatzes verlängerte Galeria Kaufhof den Mietvertrag nicht. 2016 wurde das Objekt abgewickelt, dennoch nicht abgerissen – es ist aber auch nicht wiederzuerkennen. Dort, wo der Kubus mit Seitenlängen von 80 mal 80 Metern und der blau-orangefarbenen Fassade einst stand, befindet sich heute ein Bürogebäude, das in mehrfacher Hinsicht beeindruckt: das Up! Berlin.
Zalando ist der Hauptmieter
Es liegt nur wenige Schritte vom S-Bahnhof entfernt und damit für die heutigen Nutzer ebenso ideal wie für die einstigen Kaufhauskunden. Im Frühjahr 2021 wurde es fertiggestellt – mitten in der Pandemie. Ursprünglich hatte der Bauherr, die SIGNA Berlin, den Umbau in einen Start-Up-Hub für die Digital-Ära geplant. Belegt ist das Objekt jedoch von einem digitalen Riesen: Denn als Hauptmieter konnte bereits 2017 der Internethändler Zalando gewonnen werden. Die Flächen wurden daher nicht vor allem kleinteilig ausgebaut, sondern nach dessen Bedürfnissen gestaltet. Zalando-Sprecherin Katharina Hein sagt: „Wir freuen uns, dass unsere Zalando Fotostudios hier ein neues Zuhause gefunden haben.“ Das Unternehmen hat wiederum einen Teil der Flächen untervermietet.
Mit SumUp hat ein globaler Finanzdienstleister sein deutsches Headquarter im Up! aufgeschlagen. Das Fintech-Unternehmen vertreibt mobile Lesegeräte für Bank- und Kreditkarten. Auch die ENPAL hat hier eine exklusive Adresse. Das Start-up vermietet Solaranlagen an Hauseigentümer. Im Erdgeschoss ist Alnatura auf 750 Quadratmetern mit einer Filiale eingezogen. Ein Teil der ebenerdigen Gewerbeflächen stehen aber derzeit noch leer. Sebastian Schmidt, Pressesprecher der SIGNA, erklärt: „Aktuell laufen Gespräche mit einer Apotheke und einer Drogerie.“
Optisch ein Gewinn
Realisiert wurde ein Entwurf von JASPER ARCHITEKTS. Damit ist das Objekt am Bahnhofsvorplatz auch optisch ein Gewinn. Eine neue Fassade optimiert den Lichteinfall der nahezu fensterlosen Kaufhaus-Kubus. Dazu wurde auf jeder Seite ein V-förmiger Einschnitt geschaffen und die Räume wie in schräg nach oben führenden Treppen angeordnet und gleichzeitig auf jeder Stufe eine Terrasse geschaffen. Mit zwei aufgestockten Etagen konnte der Verlust an Raum durch die Einschnitte kompensiert werden. Die Büros selbst punkten mit Raumhöhen von bis zu fünf Metern.
Bemerkenswert ist aber nicht nur die Architektur. Das Gebäude ist mit einer eigenen Energiezentrale ausgestattet. Wärme wird über Wärmetauscher aus dem Abwasserkanal und Rückkühlwerke auf dem Dach gewonnen. Beleuchtung und Blendschutz werden automatisch gesteuert, die Informationen liefert eine eigene Wetterstation. Das UP! hat für ökologisch nachhaltiges Bauen das LEED Gold Zertifikat erhalten.
Insgesamt bietet das Objekt eine Nutzfläche von rund 48.000 Quadratmetern. Die Runderneuerung hat nach Angaben der SIGNA rund 100 Millionen Euro gekostet. Die Immobilie wurde im Frühjahr 2021 vom DWS-Fond Grundbesitz Europa für 315 Millionen übernommen – und als Beispiel für eine gelungene Revitalisierung einer leer stehenden Warenhausimmobilie in ein modernes Bürogebäude gelobt. Die Fondmanagerin Anke Weinrich betonte aus diesem Anlass: „Die Immobilie Up! ist ein Vorzeigebeispiel für ein Next Generation Office – ein Objekt in einem aufstrebenden Teilmarkt für Büroimmobilien in guter Lage in der wachstumsstarken Metropole Berlin – und sie zeigt, was nach wirtschaftlichen Überlegungen und guten Ideen auch unter den Aspekten der Nachhaltigkeit und Stadtentwicklung geschaffen werden kann.“
Kreativer Raum für gemeinsames Arbeiten
Das Up! biete seinen Nutzern mehr als nur einen Arbeitsplatz, betont auch der DWS-Pressesprecher Klaus Thoma, sondern einen attraktiven, zeitgemäßen Arbeitsort. „Die Pandemie hat gezeigt, dass sich die Anforderungen an die Büroimmobilie verändert haben. Wenn jeder von zu Hause arbeiten kann, dann ist das Büro eher der Ort, an dem man Kollegen treffen und sich mit ihnen austauschen will.“
Nach Monaten der Pandemie seit Einzug in das neue Objekt bestätigt Katharina Hein von Zalando: „Das Büro ist und bleibt für uns ein wichtiger Ort des Austausches und der Kollaboration.“ Die neuen Flächen im UP! böten einen kreativen Raum für gemeinsames Arbeiten. Ein zusätzlicher Pluspunkt ist die Lage am Ostbahnhof, unweit der Szenekieze in Friedrichshain-Kreuzberg, der Mercedes-Benz Arena, der Media-Spree und dem Holzmarktareal.
Es mangelt an hochwertigen Büroflächen
Hochwertige Büroflächen in zentraler Lage sind in Berlin immer noch knapp und der Bedarf da. Nach dem aktuellen Markbericht für das dritte Quartal 2021 von JLL Research zeigt sich trotz Pandemie ein Anstieg des Flächenumsatzes bei Büroimmobilien in Berlin um rund zwölf Prozent. Die Menge der fertiggestellten Flächen konnte allerdings nicht vollständig durch die Nachfrage aufgenommen werden. Zwar hat sich der Leerstand von 2,4 Prozent im Vorjahr deutlich erhöht auf 4,1 Prozent: Allerdings sei der Anteil an hochwertigen Flächen daran gesunken, betonen die Analysten. „Wir glauben, dass Büros weiterhin gute Investments sind“, sagt Klaus Thoma, „wenn sie den geänderten Ansprüchen entsprechen. Das Up! ist dafür wirklich ein Musterbeispiel.“