Der Wohnungsmarkt in Europa steht vor einer Zeitenwende. Steigende Mieten, zunehmende Urbanisierung und der demografische Wandel setzen die Städte unter erheblichen Druck. Hinzu kommen immer striktere Anforderungen in den Bereichen Nachhaltigkeit und CO2-Ausstoß. Ein städtebauliches Konzept könnte die Lösung für viele dieser Herausforderungen bieten: urbane Quartiere. Zwei aktuelle Studien von Cushman & Wakefield und Aengevelt Immobilien zeigen, wie Quartiersentwicklungen den Wohnungsmangel lindern und gleichzeitig nachhaltige, lebenswerte Stadtquartiere für breite Bevölkerungsschichten schaffen können.
Laut der Studie „Unpacking Europe’s Living Revolution“ von Cushman & Wakefield übersteigt die Nachfrage nach Wohnraum in vielen europäischen Städten das Angebot bei weitem. Insbesondere Städte wie Berlin, London und Dublin sehen sich mit einem enormen Bevölkerungswachstum konfrontiert: Bis 2040 soll die Bevölkerung in diesen Metropolen um bis zu 15 Prozent zunehmen. Gleichzeitig sinkt die Wohneigentumsquote, während die Nachfrage nach Mietwohnungen stark steigt. Dies hat bereits zu einem drastischen Mietpreiswachstum geführt: In Polen sind die Mieten in den letzten drei Jahren um 29 Prozent gestiegen, in Portugal um etwa 15 Prozent, in der Tschechischen Republik um rund 13 Prozent und in Spanien um knapp 10 Prozent.
In Deutschland wird der Wohnungsmarkt zusätzlich durch hohe Baupreise und eine überbordende Bürokratie belastet. Jan-Bastian Knod, Head of Residential Investment Germany & Healthcare Advisory bei Cushman & Wakefield, erklärt: „Investoren und Entwickler sehen sich in Deutschland mit hohen Baukosten und strengeren Bauvorschriften konfrontiert, was die Entwicklung neuer Wohnprojekte erschwert.“ In der Folge bleibt der Wohnraum knapp und die Mieten steigen weiter.
In der Studie von Cushman & Wakefield wird darüber hinaus darauf hingewiesen, dass der demografische Wandel in den kommenden Jahren einen erheblichen Einfluss auf den Wohnungsmarkt haben wird. Die Zahl der über 65-Jährigen in Europa wird bis 2040 um 20 bis 40 Prozent steigen, was die Nachfrage nach Seniorenwohnungen und Gesundheitseinrichtungen erhöht. Gleichzeitig sorgt das steigende Bildungsniveau für einen wachsenden Bedarf an Studentenwohnungen. So ist der Anteil der Tertiärbildung in Europa in den letzten zehn Jahren von 25 auf 32 Prozent gestiegen, heißt es in der Studie.
Quartiersentwicklungen als Antwort
Stadtquartiere, die Wohnen, Arbeiten, Freizeit und soziale Infrastruktur miteinander verbinden, bieten nach einer Analyse von Aengevelt Immobilien eine vielversprechende Lösung für viele der aktuellen Herausforderungen. Diese Quartiere ermöglichen eine Nutzungsmischung, die nicht nur Wohnraum, sondern auch Arbeitsplätze, Einkaufsmöglichkeiten, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen auf kurzen Wegen bietet.
„Intelligente, bedarfsadäquate Quartiere stellen eine anspruchsvolle Assetklasse dar, die zukunftsfähig im Trend liegt“, betont Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter von Aengevelt Immobilien. Diese Quartiere seien nicht nur für Investoren attraktiv, sondern würden auch den Bewohnern durch die Vielfalt der Nutzungen eine hohe Lebensqualität bieten.
Als Beispiel für eine besonders gelungene Quartiersentwicklung nennt Aengevelt das Projekt „Deiker Höfe“ in Düsseldorf, wo Wohnungen, Büros, Einzelhandel, Gastronomie und eine Kindertagesstätte auf engem Raum vereint sind. Diese Nutzungsmischung hat laut der Aengevelt-Analyse auch Vorteile für Investoren durch eine flexible Drittverwendungsfähigkeit – das heißt, die Nutzung der Gebäude kann je nach Bedarf angepasst werden, was die Quartiere besonders zukunftssicher macht.
Nachhaltigkeit und Mobilität
Aengevelt zufolge liegt ein weiterer zentraler Vorteil von Quartiersentwicklungen in ihrer Nachhaltigkeit. Durch die kompakte Bauweise und die Mischung der Nutzungen werden lange Wege vermieden, was umweltschonend wirkt. Bewohner können bequem zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeit oder zum Einkaufen gelangen. Zudem lassen sich Ladestationen für Elektrofahrzeuge und innovative Energiekonzepte in Quartieren häufig einfacher und effizienter umsetzen als bei Einzelprojekten.
Simon Jeschioro, Head of Capital Markets & Investment Advisory bei Cushman & Wakefield Germany, weist jedoch darauf hin, dass die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiterhin eine Herausforderung darstellen. „Mit weiterhin hohen Zinsen und Baukosten bleibt die Rentabilität kurzfristig eine Hürde für eine schnelle Ausweitung des Wohnungsangebots“, erklärt er. Staatliche Unterstützung zur Senkung der Baukosten und effizientere Planungsprozesse könnten seiner Meinung nach viel bewirken, um die Situation zu entschärfen.
Trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Baubranche steigt das Investitionsvolumen im europäischen Wohnsektor kontinuierlich. Flossen nach der Studie von Cushman & Wakefield im Jahr 2007 nur 6 Prozent der Investitionen in diesen Bereich, so waren es im Jahr 2023 bereits 22 Prozent. Dieser zunehmende Kapitalfluss zeigt, dass auch Quartiersprojekte immer attraktiver für Investoren werden.
Dr. Wulff Aengevelt betont: „Intelligente, bedarfsadäquate Quartiere stellen eine anspruchsvolle Assetklasse dar, die zukunftsfähig im Trend liegt. Sie bieten Investoren Chancen, erhöhen die Qualität für alle Mietergruppen und tragen zur Entwicklung von Urbanität bei. Durch die Synergien der verschiedenen Nutzungen können wirtschaftliche, soziale und ökologische Ziele weitgehend konfliktfrei gleichzeitig erreicht werden. Damit sind Quartiere ein wichtiger Bestandteil zukunftsgerechter Stadtentwicklung.“