Aktive Wertschöpfung und Repositionierung – nur wenige Vokabeln genießen derzeit im Immobilien-Universum eine solche Reputation wie die beiden Kernkompetenzen des Asset-Managements. Der Grund: Liquidität ist im Übermaß vorhanden, doch freie Flächen sind und bleiben hierzulande Mangelware. Deutschland wird also zunehmend zum Fokusgebiet für Value-Add-Investoren.
Es scheint ein Satz aus ferner Vergangenheit zu sein: Eine hochdekorierte Diskussionsrunde von Immobilienexperten bekam im Jahr 2014 die als Zitat wiedergegebene Überschrift „Value Add kann hier keiner am Tisch“. Die Fachleute waren sich schon damals einig: Core-Anlagen bringen maximal fünf Prozent Rendite, es ist Zeit für alternative Investmentstrategien wie Value Add. Doch wie diese umzusetzen seien, war wegen fehlender Erfahrungswerte eine offene Frage.
Rettungsanker Value Add
Seitdem hat sich die Lage noch einmal zugespitzt: Das Transaktionsvolumen im deutschen Immobilienmarkt wuchs von knapp 53 auf rund 114 Milliarden Euro im vergangenen Jahr 2021. Der Nachfrageüberhang ist offenkundig – und wird angesichts zunehmender, geopolitisch bedingter Unsicherheit in anderen Assetklassen wie Energie oder Aktien zunehmen.
Der deutsche Immobilienmarkt ist robust, politisch stabil und sogar resistent gegenüber externen Schocks wie der Corona-Pandemie. Doch da die Laufzeiten für Projektentwicklungen durch politische Regulierung zunehmen und wachsende Flächenversiegelung im ESG-Zeitalter nicht mehr opportun ist, richten sich die Blicke auf den Bestand.
Der Value-Add-Experte Dominik Barton im Immobiléros-Podcast
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Nur Toplagen kommen für Value-Add-Strategien in Frage
Als Value-Add-Immobilien bezeichnet man schwächelnde Immobilien (Objekte mit mittlerer Gebäudequalität, meist in B-Lagen), bei denen durch eine konsequente Aufwertung (Repositionierung, Sanierung,...) ein Mehrwert (englisch Value Add) bewirkt werden soll, der sich renditesteigernd auswirkt.
Value-Add-Strategie auf dem Weg von der Nische zum Mainstream?
Für eine erfolgreiche Value-Add-Strategie gilt das Königskriterium des Immobilienmarktes: Hauptsache die Lage stimmt. Dementsprechend zielt dieser Investmentfokus in aller Regel auf Toplagen in Metropolen oder dynamischen Mittelstädten. Die Nutzungsarten im erworbenen Bestand sind die typischen Fälle für Unterbewertungen aufgrund mangelnder Nachfrage: modernisierungsbedürftige Büroimmobilien, die keine adäquate Alternative zur Arbeit im eigenen Haus bieten, in die Jahre gekommene Mittelklasse-Hotels oder auch unsanierte Kaufhäuser, die dem wachsenden Druck des Online-Handels nicht standhalten können.
Repositionierungen können zwar grundsätzlich mit einem attraktiven Designkonzept die vorherige Nutzungsart behalten – der Trend geht aber in Richtung Mischnutzung. Denn die Immobilienbranche ist unter den steigenden Anforderungen im Bereich Nachhaltigkeit angehalten, ihrerseits Konzepte für die CO2-Reduzierung zu entwickeln. Kurze Wege innerhalb der Stadt zählen ganz wesentlich dazu. Repositionierte Bürogebäude beherbergen dann beispielsweise Co-Working-Flächen, Arztpraxen und straßenseitig Lebensmittelhändler oder Gastronomie. Nicht nur für die Stadtentwicklung, sondern auch für den Investor lohnt sich Value-Add: Zweistellige Renditeraten zählen bei dieser Anlagestrategie zum Normalfall.