Der vdw Sachsen – Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. befürchtet gravierende Auswirkungen der neuen Corona-Schutzverordnung im Freistaat. Im Ernstfall könnte Mietern kein Notdienst mehr garantiert werden.
„Die Staatsregierung hält gutes, sicheres Wohnen nicht für systemrelevant, obwohl die Wohnung gerade während eines Lockdowns der wichtigste Ort für jeden Menschen ist“, kritisiert Rainer Seifert, Verbandsdirektor des vdw Sachsen – Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V. „Wenn es dabei bleibt, hätte das unter anderem zur Folge, dass die Beschäftigten in der sächsischen Wohnungswirtschaft ihre Kinder nicht in die Notbetreuung geben könnten. Die Wohnungsunternehmen könnten dann im Ernstfall keinen Notdienst sicherstellen, weil dafür notwendiges Fachpersonal wegen der Kinderbetreuung ausfällt.“
Wenn es wirklich so käme, könnte ab 14. Dezember zum Beispiel nicht mehr voll garantiert werden, dass der Vermieter bei einer ausgefallenen Heizung, einer Havarie an den Internetleitungen im Haus oder bei einer defekten Toilettenspülung schnell eingreifen kann. „Können wir es uns wirklich leisten, das zu riskieren?“
Wohnung ist Home-Office, Kita, Schule, Hort
Bereits im Frühjahr habe sich laut dem vdw Sachsen gezeigt, welche zentrale Bedeutung die Wohnung in Krisenzeiten hat. „Sie ist in einem Lockdown nicht nur privater Rückzugsraum, sondern für viele Familien auch Home-Office, Kita, Schule, Hort, Pflegeeinrichtung, der so gut wie einzige Ort zur Freizeitgestaltung und vieles mehr“, so Verbandsdirektor Rainer Seifert. „Wie aber sollen die Menschen zuhause arbeiten, ihre Kinder und hilfsbedürftige Verwandte betreuen, wenn sie sich nicht darauf verlassen können, dass rund um die Wohnung alles Wichtige gewährleistet ist?“
Rainer Seifert fordert die Landesregierung deshalb auf, die Wohnungswirtschaft als das einzustufen, was sie sei: „in hohem Maße systemrelevant“. Das sei nicht nur eine Frage des Respekts vor den mehr als 3.500 Menschen, die allein bei den vdw-Mitgliedsunternehmen Tag für Tag im Einsatz für Mieter aller Bevölkerungsgruppen seien, sondern vor allem eine Frage des Respekts gegenüber allen Menschen in Sachsen, die im angeordneten Lockdown auf eine voll funktionsfähige Wohnung und ein verlässliches Wohnumfeld mehr denn je angewiesen sind.
Wohnungswirtschaft bleibt außen vor
Welche Berufsgruppen als systemrelevant eingestuft werden, legt das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt in der jeweiligen Corona-Schutzverordnung fest. Die Wohnungswirtschaft, die als Schnittstelle in einer solchen Krise unbedingt funktionieren muss, kommt im aktuellen Entwurf jedoch nicht vor. Selbst der Begriff „Wohnung“ taucht in dem 34-seitigen Werk kein einziges Mal auf, obwohl die Wohnung gerade jetzt eine der wichtigsten und schützenswertesten Infrastrukturen ist.
Mit Blick auf die kommenden Monate warnt Verbandsdirektor Rainer Seifert auch vor gesamtgesellschaftlichen Risiken, die mit der Wohnungsfrage im Lockdown einhergehen. „Wenn die Menschen sich in einer zum Teil existenzbedrohenden Krise nicht zu 100 Prozent darauf verlassen können, dass ihr Zuhause sicher ist, dann ist nicht nur der soziale Frieden, sondern die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft als Ganzes und damit auch die Demokratie in Gefahr.“
Die Forderungen des vdw Sachsen gegenüber der Staatsregierung
- Anspruch auf Notbetreuung für Notdienste in der Wohnungswirtschaft
- Ausnahmen von den Kontaktbeschränkungen und Ausgangsbeschränkungen für alle notwendigen Maßnahmen zur Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben und Eigentum
Der vdw Sachsen Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V. vertritt nach eigenen Angaben knapp 130 Wohnungsunternehmen, die mit über 300.000 Wohnungen fast ein Viertel des Mietwohnungsbestandes in Sachsen bewirtschaften.