In einer Anhörung zu Organisationsformen von Wohnungen im Gemeingut erklärte der Enteigner-Aktivist Niklas Stoll, warum es die Vergesellschaftung für Mieter nicht kostenlos gibt.
Wichtige Fragen zur Vergesellschaftung
Wem gehören eigentlich vergesellschaftete Wohnungen? Wer bestimmt, an wen zu welchen Mieten vermietet wird? Wie wird sichergestellt, dass Mieter und Stadtgesellschaft über das Gemeingut, das ja allen gehört, mitentscheiden können. Und was kostet das? In einer kurzfristig angesetzten Anhörung der Vergesellschaftungskommission zu möglichen Organisationsformen des Gemeingutes Wohnen erklärte der Sozialwissenschaftler und Enteigner-Aktivist Niklas Stoll: „Das, was man vom Gemeineigentum haben will, kriegt man nicht umsonst.“
Er stellte das Modell der Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen vor: eine Anstalt öffentlichen Rechts (AöR). Ein System aus Mieterräten, Gebietsräten, einem Gesamtrat, einem Verwaltungsrat und der Geschäftsführung. „Wir stellen uns vor, dass die Mitglieder der Räte ehrenamtlich tätig sind, dass aber quasi ab den beiden oberen Ebenen Gesamtrat und Verwaltungsrat geringe Aufwandsentschädigungen gezahlt werden, wegen der weitreichenden Verantwortung, die da getragen wird. Die Mitglieder der unteren Räte erhalten zumindest kleine Sitzungsgelder.“ Die Beschäftigten der AöR seien normal angestellt.
„Leute reinbringen, die sich nicht mit Wohnungswirtschaft auskennen, aber sich einbringen wollen“
„Natürlich sind mit Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeldern auch Kosten verbunden“, erklärte Niklas Stoll. Und nicht nur damit. „Wir wollen natürlich auch die Partizipation in der AöR fördern, wollen Leute in die Strukturen reinbringen, die sich nicht mit Bilanzen oder Wohnungswirtschaft auskennen, die aber Lust haben sich einzubringen.“ Deshalb soll es eine Partizipationsstelle geben, die Schulungen und Workshops anbietet, damit Partizipation nicht an mangelnder Qualifikation scheitere.
Auch Wahlen sind angedacht, die alle fünf Jahre stattfinden sollen – parallel zu den Abgeordnetenhaus- und Bezirkswahlen. „Das muss natürlich alles aus den Einnahmen der AöR bezahlt werden.“ Kurzum: aus den Mieten. „Die Demokratisierung, die wir anstreben, die muss uns etwas wert sein.“ Durch die Vergesellschaftung falle ja der riesige Kostenfaktor der Dividende weg, „wodurch wieder Mittel frei werden für solche gemeinwirtschaftliche Strukturen“.
Bereits in der Anhörung im Januar zur Wertermittlung von Immobilien für eine Entschädigung der Eigentümer vergesellschafteter Bestände, hatte der Aktivist Ralf Hoffrogge kurz die Idee der AöR skizziert. „Die Überführung in Gemeineigentum ist keine Verstaatlichung, wo der Staat am Ende Privateigentum und Gewinne macht, sondern die Anstalt öffentlichen Rechts wirft keine Gewinne ab.“ Der Staat sei nicht mal richtig Eigentümer, weil es Gemeingut sei. „Dementsprechend streben wir eine teils staatsferne Anstalt öffentlichen Rechts an, die ähnlich dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk einen Balanceakt zwischen öffentlich rechtlicher Form, aber auch Staatsferne anstrebt.“
Wohngemeinnützigkeit schon einmal abgeschafft
Die vergangenen Monate haben gezeigt, wie schwierig ein Bezug auf den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk ist. Denn dort gibt es sehr wohl Profiteure. Das Führungspersonal wird aus den Gebühren der Gebührenzahler vom Studenten bis zum Rentner gut versorgt. Bei der RRB-Intendantin Patricia Schlesinger kamen zu den üppigen Gehältern und hochpreisigen Dienstwagen noch verschwenderische Privatpartys auf Kosten der Gebührenzahler hinzu. Jetzt klagt sie auf mehr als 18.000 Euro Ruhegeld pro Monat.
Und auch bei der Wohngemeinnützigkeit gab es Profiteure. Der größte europäische und zudem gemeinnützige Wohnungskonzern „Neue Heimat“ mit mehr als 400.000 Wohnungen und in der Hand des Deutschen Gewerkschaftsbundes war 1982 wegen Missmanagement und Bereicherung in die Schlagzeilen geraten. In der Folge wurde die Wohngemeinnützigkeit in Deutschland abgeschafft.