SPD, Grüne und FPD haben in ihrem Koalitionsvertrag zahlreiche Ziele für die Immobilienwirtschaft verankert. Die Vorhaben reichen von mehr Klimaschutz und Digitalisierung über den Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr bis hin zur Schaffung eines Bauministeriums. Hier sind die wichtigsten Punkte im Überblick.
Schaffung eines eigenständigen Bauministerium
Die Ampelkoalition plant den Aufbau eines eigenständigen Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und ländliche Räume. Dieser Schritt wird in der Immobilienbranche begrüßt. Wolle man 400.000 neue Wohnungen pro Jahr bauen, müssten „die Fäden für schnelleres Planen und Bauen“ an einem Ort zusammengeführt werden, erklärte Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses ZIA.
Aus Sicht von Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., macht die Ampel-Koalition mit einem neuen Bauministerium „einen ersten, großen, richtigen Schritt in der Wohnungspolitik.“
Laut Peter Hübner, Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie e.V., unterstreicht die Koalition mit einem Bundesbauministerium die Bedeutung der Bauindustrie nicht nur für das Bauen, sondern auch für dem Umwelt- und Klimaschutz.
Update: Klara Geywitz (SPD) wird neue Bundesministerin für Bauen und Wohnen
07.12.2021: Klara Geywitz, stellvertretende SPD-Vorsitzende, wird Bundesministerin des neu zugeschnittenen Bauministeriums. Das gab Olaf Scholz am Montag in Berlin bekannt.
ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner zu der Personalie: „Wir freuen uns auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, den engen Austausch und den zielgerichteten Dialog mit der neuen Bundesbauministerin Klara Geywitz. Die Angebote zur Fortsetzung unserer Zusammenarbeit im „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ und die Wiederbelebung der Innovationspartnerschaft sind ein großartiges Signal. Denn wenn wir auch nur annähernd die Zielmarke von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr erreichen und gleichzeitig auch die Voraussetzungen zur Errichtung attraktiver Wirtschaftsimmobilien schaffen wollen, gelingt dies nur unter Einbindung aller relevanten Akteure. Am Ende treibt uns alle nur ein Ziel an: bezahlbare, lebenswerte und nachhaltige Städte und Gemeinden in Deutschland.“
Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik
Die Ampel-Koalition will Bauen und Wohnen „bezahlbar, klimaneutral, nachhaltig, barrierearm, innovativ und mit lebendigen öffentlichen Räumen gestalten“. Hierzu soll es einen „Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik“ geben. Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon sollen 100.000 öffentlich gefördert werden.
Zudem wollen die Parteien ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ mit allen wichtigen Akteuren schließen und eine neue Wohngemeinnützigkeit auf den Weg bringen, um den Bau und die dauerhafte Sozialbindung bezahlbarer Wohnungen anzukurbeln.
Geplant ist außerdem ein Bund-Länder-Programm zur Schaffung und Erhaltung von Wohnraum für Studenten, Auszubildende und junge Menschen. Des Weiteren sollen die KfW-Mittel für altersgerechtes Wohnen und Barrierefreiheit aufgestockt werden.
Mehr Digitalisierung und weniger Bürokratie
Die Kosten für den Wohnungsbau will die Koalition senken. Das soll durch serielles Bauen, Digitalisierung, Entbürokratisierung und Standardisierung geschehen.
Vorgesehen ist zudem eine Novellierung des Baugesetzbuches (BauGB), um dessen Instrumente unkomplizierter anwendbar zu machen, zusätzliche Bauflächen zu mobilisieren und Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.
Darüber hinaus sollen die Regelungen im Baulandmodernisierungsgesetz entfristet und rechtliche Grundlagen für die komplette Digitalisierung von Bauleitplanverfahren geschaffen werden.
Offensive für mehr Klimaschutz im Gebäudebereich
Die Ampel-Parteien wollen nach dem Auslaufen der Neubauförderung für das Effizienzhaus 55 (EH55) Ende Januar 2022 ein Wohnungsbau-Förderprogramm mit Fokus auf die Treibhausgas-Emissionen pro Quadratmeter Wohnfläche einführen.
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wird dahingehend geändert, dass ab 2025 jede neu eingebaute Heizung mit 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden muss, Neubau-Standards ab 2025 an den EH40 angeglichen sind und in Bestandsgebäuden auszutauschende Teile ab 2024 dem EH70 entsprechen müssen.
Außerdem soll durch die Anhebung der linearen Abschreibung für neugebaute Wohnungen von zwei auf drei Prozent eine klimagerechte Neubauoffensive in Gang gebracht werden.
Angekündigt werden zudem eine nationale Holzbau-, Leichtbau- und Rohstoffsicherungsstrategie sowie die Einführung eines digitalen Gebäuderessourcenpasses.
Solarenergie auf allen geeigneten Dächern
Nach dem Willen der Koalitionsparteien werden künftig alle geeigneten Dachflächen für Solarenergie genutzt. Bei gewerblichen Neubauten soll dies zur Pflicht werden, bei privaten Neubauten zur Regel. Hierfür sollen Netzanschlüsse und Zertifizierungen beschleunigt, Vergütungssätze angepasst, die Ausschreibungspflichten und die Deckel geprüft sowie innovative Lösungen wie Agri- und Floating-PV ermöglicht werden.
Mehr Schutz für Mieterinnen und Mieter
Die geltenden Mieterschutzregeln sollen evaluiert und verlängert werden. In angespannten Märkten will die Koalition die Kappungsgrenze auf elf Prozent in drei Jahren senken. Die Mietpreisbremse wird bis 2029 verlängert.
Außerdem sollen qualifizierte Mietspiegel rechtssicher ausgestaltet und für Gemeinden mit über 100.000 Einwohnern zur Pflicht werden. Zur Berechnung sind die Mietverträge der letzten sieben Jahre heranzuziehen.
Leichterer Erwerb von Wohneigentum
Um mehr Menschen den Eigentumserwerb und das Wohnen in selbstgenutztem Eigentum zu ermöglichen, werden Haushalte künftig mit eigenkapitalersetzenden Darlehen, Tilgungszuschüssen und Zinsverbilligungen unterstützt. Zudem soll das KfW Programm zum Kauf von Genossenschaftsanteile gestärkt werden.
Illegale Immobilienfinanzierungen sollen unter anderem durch einen Versteuerungsnachweis für gewerbliche und private Immobilienkäufer aus dem Ausland bekämpft werden. Zudem soll der Erwerb von Immobilien mit Bargeld verboten werden.
Flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer
Die Ampel-Koalition will den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglichen, um den Erwerb von selbstgenutztem Eigentum zu erleichtern, zum Beispiel durch einen Freibetrag. Zur Gegenfinanzierung soll Konzernen die Möglichkeit genommen werden, beim Immobilienerwerb die Grunderwerbsteuer durch Share Deals zu umgehen.
Sachkundenachweis für Makler und Verwalter
Für Immobilienmakler, Mietverwalter und WEG-Verwalter wird ein „echter Sachkundenachweis“ eingeführt. Dies war bereits 2016 in einem Gesetzentwurf vorgesehen, der aber 2017 in geänderter Fassung ohne Sachkundenachweis beschlossen wurde. Das 2018 in Kraft getretene Gesetz sieht stattdessen eine Gewerbeerlaubnis nach § 34c und eine Weiterbildungspflicht für Makler und Verwalter vor. Der echte Sachkundenachweis soll das berufliche Fachwissen von Maklern und Verwaltern belegen und dabei helfen, schwarze Schafe in der Branche zu erkennen.
Mehr Förderung für den Städtebau
Die Koalitionsparteien wollen die Städtebauförderung erhöhen und dabei die Senkung der Treibhausgas-Emissionen und die Klimaanpassung zu zentralen Bestandteilen machen. Außerdem sollen städtebauliche Fördermaßnahmen entbürokratisiert, ein Smart-City-Stufenplan entwickelt und ein Smart-City-Kompetenzzentrum eingerichtet werden. Vorgesehen ist des Weiteren, das Programm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" mit der Städtebauförderung kompatibel zu machen und die Einführung eines Innenentwicklungsmaßnahmengebietes zu prüfen.