Wenige Wochen vor dem anstehenden Volksentscheid zur Enteignung von Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen fordert die Berliner Wirtschaft mehr Kooperation statt Konfrontation.
Am 26. September 2021 ist es soweit: Dann haben die Berliner gleich mehrfach die Möglichkeit, ein Kreuz zu setzen. Außer den Wahlen zum Bundestag und zum Abgeordnetenhaus steht die Abstimmung über den Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ an. Insgesamt 13 Berliner Wirtschaftsverbände haben sich deshalb mit einem gemeinsamen Appell „Weiterenken statt Enteignen“ an die Berliner Wähler gewandt. Sie plädieren für mehr Kooperation und ein „Bündnis für Wohnen“.
Weiterdenken statt Enteignen: Appell der Berliner Wirtschaft gegen Enteignungen
In dem zweiseitigen Positionspapier heißt es zur Begründung: „Weil es da um eine echte Weichenstellung geht: Für Soziale Marktwirtschaft oder für Enteignung. Für gutes Miteinander oder für Polarisierung. Für Rechtssicherheit oder für Willkür. Deshalb wird der Volksentscheid Auswirkungen haben, die weit über Berlin hinausgehen.“
Die Unterstützer der Enteignungsinitiative würden Versprechungen machen, die nicht zu halten seien: billigere Mieten für alle Berliner, mehr Wohnraum für Geringverdiener, sinkenden Mieten in enteigneten Beständen. Die Unterzeichner des Appells erklären: „Fakt ist aber: Diese Versprechen werden sich nicht halten lassen.“
Das Mietendeckel-Experiment habe gezeigt, wohin das führe: vor das Bundesverfassungsgericht. Und damit zu mehr Unsicherheit für Hunderttausende Berliner Mieter. Hinzu kämen die Kosten: Es sei mit einer Summe von 36 Milliarden Euro zu rechnen. „Wenn Berlin also eine Enteignung versuchen sollte, würde das Geld für eine digitale Verwaltung fehlen, für bessere Verkehrswege, für moderne Schulen – und auch für die Förderung von Neubau. Damit zahlen alle Berlinerinnen und Berliner drauf.“
Berliner Wirtschaftsverbände sehen drei Stellschrauben für bezahlbares Wohnen
Zu den Unterzeichner gehören neben dem BBU Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, der den Appell initiiert hat, auch folgende Organisationen: Bauindustrieverband Ost, Baukammer Berlin, BFW Landesverband Berlin-Brandenburg, Bürgerforum Berlin, DEHOGA Berlin, Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg, Handelsverband Berlin-Brandenburg, IHK Berlin, Neue Wege für Berlin, Verband Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), Verband Deutscher Wohnungseigentümer (VDWE) und UVB Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg. Die Argumente sind im Internet nachzulesen unter: www.weiterdenken-statt-enteignen.de.
BBU-Vorstand Maren Kern erklärt: „Es wird Zeit, die Probleme der Stadt zu lösen, anstatt neue zu schaffen.“ Drei Stellschrauben für mehr bezahlbaren Wohnraum sehen die Unterzeichner:
- mehr und bezahlbares Bauland aus öffentlicher Hand für gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen und Genossenschaften,
- eine Verwaltungsreform und
- Wachstum als Chance begreifen, weil eine wachsende Stadt mit mehr Arbeitsplätzen, mehr Steuereinnahmen und mehr Wohnraum auch mehr Perspektiven für alle biete.
Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau Berlin Brandenburg betont: „Um in Berlin den Wohnungssuchenden möglichst zügig mehr bezahlbare Wohnungen zur Verfügung zu stellen, müssen wir in Berlin das Baurecht vereinfachen und nicht stetig verkomplizieren und damit den Bau verteuern. Auch die Genehmigungsprozesse müssen in Berlin deutlich verkürzt werden. Wir stehen für lösungsorientierte Gespräche auch im Rahmen eines Bündnisses für Wohnen bereit.“
Einige Verbände fehlen bei den Unterzeichnern, darunter der Verband „Haus & Grund“. Die Verbandsdirektorin Julia Gonciarska sagt: „Wir sind nicht gefragt worden. Aber unser Standpunkt ist klar, wir unterstützen den Appell, auch wenn unsere Eigentümer keine 3.000 Einheiten besitzen und von Enteignung nicht betroffen wären. Wir sagen Nein zu Enteignungen!“ Der Grundeigentümerverein Berlin-Lichtenrade geht mit einer eigenen Anzeigen-Kampagne in die Öffentlichkeit. Darin heißt es kurz und knapp: „Enteignen schafft keine Wohnungen: Enteignen? Nein, Danke!“