Kommunale Wohnungsunternehmen in Mitteldeutschland - Teil 7: Die WiD in Dresden

Kommunale Wohnungsunternehmen in Mitteldeutschland - Teil 7: Die WiD in Dresden

Kommunale Wohnungsunternehmen in Mitteldeutschland - Teil 7: Die WiD in Dresden
Die WiD-Zentrale am Schützenplatz 14 in Dresden. Foto: WiD

In dieser Serie stellen wir Ihnen die großen kommunalen Wohnungsunternehmen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vor. Den Abschluss bildet die WiD Wohnen in Dresden. Die 2017 neugegründete kommunale Wohnungsbaugesellschaft nimmt aufgrund ihrer kurzen Historie und geringen Wohnungszahl in dieser Beitragsreihe eine Sonderstellung ein.

Dresden ist einzigartig. In vielerlei Hinsicht: architektonisch, kulturell, landschaftlich, szenemäßig. Aber auch kommunalpolitisch. Das zeigte 2006 der ebenso mutige wie umstrittene Komplettverkauf der kommunalen Wohnungsgesellschaft WOBA. Viele, die damals vor den Folgen für den Wohnungsmarkt warnten, sehen ihre Befürchtungen im Nachhinein bestätigt. Viele, die damals für diesen Schritt stimmten, halten ihn nach wie vor für richtig.

Fiskalischer Befreiungsschlag der Stadt Dresden: Der Verkauf der WOBA

In der Tat sprach Anfang der 2000er-Jahre vieles für den WOBA-Verkauf. Der Stadt gelang es seinerzeit nicht, ihren Haushalt auszugleichen. 2004 überstiegen die Ausgaben erstmals die Einnahmen. Allein der Schuldendienst schlug jährlich mit 77 Millionen Euro für Kreditzinsen und Tilgung zu Buche. Das war der zweitgrößte Haushaltsposten – noch vor der Kultur. Doch weitere Kürzungen beim Nahverkehr, Dresden-Pass oder Behindertenfahrdienst kamen ebenso wenig in Frage wie die Schließung von Kreuzchor, Staatsoperette oder Bibliotheken. Der damalige Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) erklärte dazu: „Das Leben in dieser Stadt wäre erheblich ärmer geworden und langfristig – dies ist meine Überzeugung – hätte auch der Wirtschaftsstandort Dresden erheblichen Schaden genommen.“

In dieser finanziellen Zwangslage entschied sich der Stadtrat für einen Befreiungsschlag und stellte die kommunale Wohnungsgesellschaft WOBA Dresden GmbH mit ihren rund 48.000 Wohnungen – das war etwa ein Sechstel des gesamten Dresdner Wohnungsbestands – zum Verkauf. Hinzu kamen etwa 1.300 Gewerbeeinheiten, stadtweit verteilte Garagenstandorte und unbebaute Liegenschaften. Die US-Investmentgruppe Fortress griff zu und zahlte im März 2006 mehr als 1,7 Milliarden Euro. Nach Ablösung der WOBA-Schulden konnte die Stadt Dresden aus dem Reingewinn von 981,7 Millionen Euro ihre Verbindlichkeiten in Höhe von 741,4 Millionen Euro komplett tilgen und war mit einem Schlag schuldenfrei.

Ernüchterung und Umdenken

Doch in den Folgejahren wandelte sich der Dresdner Wohnungsmarkt. Durch Abriss und Rückbau schwand der hohe Leerstand, die Mieten stiegen, bezahlbarer Wohnraum wurde knapp. Zwar wurden überall in der Elbestadt neue Wohnungen gebaut, doch erstens viel zu wenige und zweitens vor allem im hohen Preissegment.

Die Stadtoberen mussten erkennen, dass ein renditeorientierter Immobilienkonzern im Gegensatz zu einem mit der Stadt verwachsenen kommunalen Wohnungsunternehmen weder ein Garant für soziale Wohnraumversorgung noch ein engagierter Partner für die Stadtentwicklung ist. Nun wurde klar: Die Landeshauptstadt hatte durch den WOBA-Verkauf ihr wichtiges Steuerungsinstrument für den lokalen Wohnungsmarkt aus der Hand gegeben.

Und so reifte der Entschluss zur Neugründung eines eigenen Wohnungsunternehmens. Die Vorteile lagen auf der Hand: Die Stadt könnte wieder eine aktive Rolle auf dem Wohnungsmarkt spielen, für Angebote im unteren und mittleren Preissegment sorgen und die ortsüblichen Vergleichsmieten beeinflussen.

Neuanfang: Die WiD wird gegründet

Elf Jahre nach dem WOBA-Verkauf war es so weit: Am 2. März 2017 stimmte der Stadtrat für den Aufbau einer neuen kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, am 19. September 2017 erfolgte ihre Gründung. Die WiD Wohnen in Dresden GmbH & Co. KG war geboren. An der neuen Gesellschaft ist die Landeshauptstadt Dresden als alleinige Kommanditistin ohne Haftung beteiligt. Als vollhaftende Komplementärin fungiert die WID Wohnen in Dresden Verwaltungs GmbH. Diese ist eine 100-prozentige Tochter der Stadt und führt die Geschäfte der WiD Wohnen in Dresden GmbH & Co. KG.

Steffen Jäckel,
 Geschäftsführer der WiD Wohnen in Dresden Verwaltungs GmbH. Foto: WiD
Steffen Jäckel, Geschäftsführer der WiD Wohnen in Dresden Verwaltungs GmbH. Foto: WiD

Beide Gesellschaften haben ihren Sitz am Schützenplatz in Dresden. Aufsichtsratsvorsitzende der GmbH & Co. KG ist Dresdens Sozialbürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann. Geschäftsführer der Verwaltungs GmbH ist Steffen Jäckel, der zuvor als Wirtschaftsprüfer, Leiter Finanz- und Rechnungswesen und Prokurist bei anderen Unternehmen tätig war. Seine Aufgabe ist es, den Gesellschaftszweck der GmbH & Co.KG umzusetzen. Dieser besteht laut Satzung in einer „sicheren und sozial verantwortbaren Wohnungsversorgung vorrangig für besondere Bedarfsgruppen“.

Das Regelwerk verpflichtet Jäckel außerdem zu einem „sozialen Mietkonzept“ und zu einer „sozialen, ökologischen, ökonomischen und damit gesamtstädtischen Nachhaltigkeitsaspekten unterliegenden Aufgabenerfüllung“. Dafür steht ihm ein Team von aktuell 21 Mitarbeitern zur Verfügung. Azubis hat die WiD noch nicht, sie will aber perspektivisch auch als Ausbildungsbetrieb tätig werden.

WiD: Geschichte und Zahlen

Vorläufer der WiD ist die WOBA Dresden GmbH, die aus der Kommunalen Wohnungsverwaltung (KWV) der Stadt Dresden hervorging. Letztere hatte 1990 einen Bestand von rund 168.000 Wohnungen, die in den städtischen Besitz übergingen. Wegen der Größe des Bestands entschloss sich die Stadt Dresden, zwei kommunale Wohnungsunternehmen zu gründen: die „Südost WOBA Dresden GmbH“ und die „Wohnbau Nordwest GmbH“.

Bis 2004 verkauften beide Gesellschaften jeweils rund zwei Drittel ihrer Wohnungen, zusammen etwa 120.000 Einheiten. Da die Bestände nun deutlich kleiner waren, legte die Stadt Dresden beide Gesellschaften 2004 zur WOBA Dresden GmbH zusammen. Diese wurde durch mehrere Erwerbungen und Abspaltungen bis Ende 2005 zu einer Holding, die aus einer Betriebsgesellschaft, mehreren Besitzgesellschaften und einer Servicegesellschaft bestand.

Am 9. März 2006 beschloss der Dresdner Stadtrat, die WOBA Dresden GmbH mit ihren rund 48.000 Wohnungen und 1.300 Gewerbeeinheiten an den US-Investor Fortress zu verkaufen. Dieser zahlte mehr als 1,7 Milliarden Euro. Die WOBA wurde daraufhin zu einem Tochterunternehmen der Fortress-Tochter GAGFAH S.A., die im Jahr 2015 mit der Deutschen Annington zur Vonovia fusionierte.

Elf Jahre nach dem WOBA-Verkauf fällte der Stadtrat im März 2017 die Entscheidung, eine neue kommunale Wohnungsgesellschaft zu gründen, um wieder eine aktive Rolle auf dem Wohnungsmarkt spielen zu können. So wurde am 19. September 2017 die WiD Wohnen in Dresden aus der Taufe gehoben. Bis 2030 will die Stadt Dresden über die WiD einen Bestand von 5.000 kommunalen Wohnungen aufbauen.

Mühsamer Bestandsaufbau der WiD Wohnen in Dresden

Auf den Tag genau ein Jahr nach der Unternehmensgründung erfolgte am 19. September 2018 der Spatenstich für das erste Neubauprojekt der WiD, welches gleich ein Modellvorhaben war. An der Ulmenstraße, Ecke Kleinzschachwitzer Straße in Dresden-Leuben errichtete die WiD im Rahmen des Forschungsvorhabens „Bezahlbares und zukunftsfähiges Bauen und Wohnen“ bis zum Frühjahr 2020 ein viergeschossiges Wohnhaus mit 22 Wohnungen. Sozialbürgermeisterin und WiD-Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Kristin Klaudia Kaufmann verweist auf die Besonderheit des Projekts: „Der Neubau an der Ulmenstraße ist nicht nur das erste Haus der städtischen WiD, es ist auch das erste Haus des neuen sozialen Wohnungsbaus in Dresden.“

Das Vorhaben war der Startschuss für zunächst 20 neue Wohnbauvorhaben der Landeshauptstadt. In kurzen Abständen folgten weitere Baustarts, zuerst am Nickerner Weg, dann in der Alemannenstraße, Lugaer Straße, Kipsdorfer Straße und Bulgakowstraße. Gebaut wurde im gesamten Stadtgebiet, vorrangig für einkommensschwache Haushalte wie kinderreiche Familien, Rentner, alleinerziehende Elternteile und Menschen mit Einschränkungen.

Parallel dazu übernahm die WiD ab 2019 städtische Wohnungen in Pillnitz/Hosterwitz in ihre Verwaltung, projektierte weitere Bauvorhaben für eigene Grundstücke und suchte nach neuen Baugrundstücken. Zugleich führte sie Ankaufgespräche mit der Planungs- und Sanierungsträgergesellschaft PSG, die Ende 2020 in den Erwerb von 327 Wohnungen und 30 Gewerbeeinheiten im Stadtteil Pieschen mündeten.

Somit verfügte die 2017 mit null Wohnungen gestartete WiD zum Stichtag 1. Januar 2021 über 439 Wohnungen. Weitere 645 Wohnungen an 13 Dresdner Standorten waren im Bau oder in Planung. Bis zum März 2023 wuchs der Bestand auf 817 fertiggestellte Wohnungen. Hinzu kommen 95 Einheiten, die sich an den Standorten Fröbelstraße, Schrammsteinstraße und Carl-Zeiss-Straße derzeit im Bau befinden.

Rückkauf von 3.000 Vonovia-Wohnungen

Der Anfang ist also geschafft. Doch das Ziel von 5.000 eigenen Wohnungen bis 2030 ist auf diese Weise nicht zu erreichen. Darum beschloss der Stadtrat im Juni 2022, rund 3.000 Wohnungen aus dem Bestand von Vonovia zu übernehmen.

Deutschlands größter Wohnungskonzern, inzwischen Eigentümer des ehemaligen WOBA-Portfolios, will daraus zur Optimierung seines Bestands rund 6.000 Wohnungen verkaufen. Die Stadt Dresden kann hiervon bis zu 3.000 Einheiten auswählen und ein Vorkaufsrecht ausüben. Welche der Vonovia-Wohnungen künftig in den WiD-Bestand wechseln, wird frühestens Mitte 2023 feststehen.

Preislich bewegen sich die Fördermieten von WiD-Wohnungen im Neubau aktuell zwischen 6,76 Euro und 7,20 Euro pro Quadratmeter bei der Neuvermietung. „Im Altbau liegt der Wert darunter. Hier orientieren wir uns an der ortsüblichen Vergleichsmiete, jedoch immer im sozial angemessenen Bereich“, teilte Claudia Herzog mit. Sie ist Leiterin Finanzierung, Marketing und Akquise bei der WiD Wohnen in Dresden GmbH & Co. KG.

Aktuelle Projekte der WiD

An der Schrammsteinstraße 18 im Ortsteil Gruna errichtet die WiD zurzeit ein dreigeschossiges Gebäude, das sich durch seine Gestaltung und das Satteldach an die umgebende historische Bebauung anpasst. In dem Objekt mit zwei Eingängen entstehen 20 Ein- bis Fünf-Raum-Wohnungen, darunter sechs barrierefreie Einheiten im Erdgeschoss. Ein Großteil der Wohnungen verfügt über Balkons. Die Küchen werden überwiegend halboffen gestaltet. Beheizt wird das KfW 55 EE-Gebäude mit Fernwärme und Luftwärmepumpe.

An der Schrammsteinstraße entstehen 20 belegungsgebundene Wohnungen der Wohnen in Dresden. Quelle: WiD
An der Schrammsteinstraße entstehen 20 belegungsgebundene Wohnungen der Wohnen in Dresden. Quelle: WiD

Ein weiteres dreigeschossiges KfW55-EE-Gebäude mit 13 Ein- bis Vier-Raum-Wohnungen entsteht aktuell in der Dopplerstraße 4 und 6 im Ortsteil Trachau. Es ist teilunterkellert, bekommt fünf barrierefreie Wohnungen im Erdgeschoss und einen begrünten Innenhof mit Spielplatz. Durch sein Flachdach passt sich das mittels Fernwärme und Luftwärmepumpe beheizte Haus an die Umgebungsbebauung an.

Visualisierung des Bauvorhabens der WiD in der Dopplerstraße 4 und 6. Quelle: WiD
Visualisierung des Bauvorhabens der WiD in der Dopplerstraße 4 und 6. Quelle: WiD

Doppelt so hoch, nämlich mit sechs statt drei Geschossen, fällt der im November 2022 fertiggestellte und schon überwiegend bezogene WiD-Neubau in der Dresdner Friedrichstadt aus. Er entstand auf dem brachliegenden Grundstück Schäferstraße 38, Ecke Institutsgasse, und wurde in U-Form errichtet. In dem Gebäude, das über zwei Hauseingänge verfügt, gibt es 58 Ein- bis Fünf-Raum-Wohnungen mit Größen von 45 bis 105 Quadratmetern, darunter sechs barrierefreie und sechs rollstuhlgerechte Einheiten. Zur Ausstattung zählen halboffene Küchen, Tiefgarage und Aufzug. Der Innenhof wird begrünt und mit einem Spielplatz versehen.

Der WiD-Neubau in der Schäferstraße passt sich mit seinem Satteldach an die Umgebungsbebauung an. Foto: WiD
Der WiD-Neubau in der Schäferstraße passt sich mit seinem Satteldach an die Umgebungsbebauung an. Foto: WiD

 

Besonderheiten der WiD

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