Die Analysten der empirica regio GmbH haben etwa 9.000 deutsche Gemeinden und 107 kreisfreie Städte in Hinblick auf ihren Pro-Kopf-Wohnflächenverbrauch analysiert. Die Ergebnisse dieser Untersuchung stellte das Unternehmen, welches auf die Auswertung von Regionaldaten spezialisiert ist, kürzlich vor. Während vor allem in Gemeinden mit touristischem Hintergrund der Flächenverbrauch pro Einwohner besonders hoch ist, zeigt sich, dass in deutschen Großstädten immer mehr Menschen auf immer weniger Raum miteinander auskommen müssen.
Hoher Flächenverbrauch in Großstädten und nahe Militärbasen
Neben touristischen Hochburgen ist der Wohnflächenverbrauch in der Nähe von NATO-Militärbasen besonders hoch, da Angehörige ebendieser von der Meldepflicht befreit sind. Besonders stark lässt sich dieser Effekt nahe den Stützpunkten Ramstein und Spangdahlem beobachten. Abseits dieser ist der Verbrauch noch insbesondere in Groß- und Mittelstädten überdurchschnittlich hoch. Ausnahmen stellen hierbei Stuttgart, sowie Dietzenbach, Frankfurt, Rüsselsheim und Offenbach am Main dar, welche besonders niedrige Werte aufweisen.
Auch im ländlichen Raum wird sparsam mit Bauland umgegangen, wie die Gemeinden Raunheim in Hessen und Bliesdorf in Brandenburg zeigen. Ansonsten gilt: „Gerade ländliche Regionen haben noch genügend Bauland und -platz, um neuen Wohnraum zu schaffen. Dort dominieren Einfamilienhäuser mit einem großen Flächenverbrauch pro Kopf. In peripheren Räumen führen aber auch zunehmende Alterung, der Wegzug der jungen Menschen und damit steigende Leerstände zu einer erhöhten Pro-Kopf-Wohnfläche“, erklärt Jan Grade, Geschäftsführer der empirica regio GmbH.
Bebauung der Top-Metropolen ist ausgereizt
Ein Luxus, von dem die deutschen Top-Metropolen nur träumen können. Die Entwicklung des Wohnflächenverbrauchs stagniert laut Untersuchung in Städten wie Berlin oder Köln bereits seit längerem. „Es scheint, als sei der Flächenverbrauch in den Großstädten geradezu einzementiert. Selbstverständlich ist gerade in den Großstädten Platz Mangelware. Hohe Preise und ein angespannter Miet- oder Eigentumsmarkt führen entweder zum Kauf oder der Anmietung einer kleineren Wohnung oder zur Verbreitung von platzsparenden Wohnkonzepten, wie Wohngemeinschaften“, kommentiert Grade. Auch die typischen Universitätsstädte sind von dieser Entwicklung betroffen. So verbrauchen etwa Leipzig, Hannover, Marburg und Gießen annähernd gleich viel Wohnraum pro Kopf wie die Top-7-Metropolen.
Alle Fakten zum Pro-Kopf-Wohnflächenverbrauch in Deutschland im Überblick:
- Städte und Metropolen sind überwiegend ausgelastet - durchschnittlicher Pro-Kopf-Verbrauch von Wohnflächen liegt hier bei 40,9 Quadratmetern
- ländlichen Regionen steht mit durchschnittlich 51,4 Quadratmetern pro Einwohner besonders viel Fläche zur Verfügung
- kleinere Städte und Vororte liegen mit 47 Quadratmetern pro Einwohner dazwischen
- Wohnfläche pro Einwohner stieg zwischen 2015 und 2020 am stärksten in den ländlichen Räumen (+3,7 Prozent) und am geringsten in den Großstädten (+1,5 Prozent) an
- Universitätsstädte wie Leipzig, Hannover, Marburg und Gießen nahe an Top-7-Metropolen
- Ferienorte führen Pro-Kopf-Wohnfläche an
- auf den Nordseeinseln Sylt und Föhr wohnen besonders wenig Menschen auf viel Fläche
- Sondereffekte abseits von touristischen Gemeinden mit vielen Ferienwohnungen auch nahe NATO-Basen erkennbar
- typische Gemeinden mit einem sehr hohen Wohnflächenverbrauch (mehr als 65 Quadratmeter pro Einwohner) haben meist bis etwa 1.200 Einwohner
- zudem befinden sie sich im ländlich geprägten Raum und verloren in den letzten Jahren an Bevölkerung
- viele dieser Gemeinden hatten laut Zensus 2011 einen besonders hohen Leerstand von bis zu 10 Prozent
Tabelle: erwähnte Städte nach Wohnflächenverbrauch absteigend
Stadt |
Bundesland |
Wohnflächenverbrauch in Quadratmeter pro Einwohner |
Kampen auf Sylt |
Schleswig-Holstein |
264 |
Nieblum auf Föhr |
Schleswig-Holstein |
120,9 |
Wennigstedt-Braderup |
Schleswig-Holstein |
108 |
Beuren (Eifel) |
Rheinland-Pfalz |
75,2 |
Bremm |
Rheinland-Pfalz |
74,6 |
Aventoft |
Schleswig-Holstein |
73,6 |
Düsseldorf |
Nordrhein-Westfalen |
41,6 |
Hamburg |
Hamburg |
39,4 |
Köln |
Nordrhein-Westfalen |
38,9 |
München |
Bayern |
38,6 |
Stuttgart |
Baden-Württemberg |
37,6 |
Dietzenbach |
Hessen |
37,5 |
Frankfurt am Main |
Hessen |
37,4 |
Rüsselsheim am Main |
Hessen |
37,3 |
Offenbach am Main |
Hessen |
35 |
Raunheim |
Hessen |
34,3 |
Bliesdorf |
Brandenburg |
34,3 |
Friedland |
Niedersachsen |
28,4 |
Osterheide |
Niedersachsen |
12,5 |