In Jena ist die Nachfrage nach Laborflächen stark gestiegen. Bisher konnten Unternehmen und Institute, die sich vergrößern wollen, aber nur auf Daten zum Büroflächenmarkt zurückgreifen. Darum wurde jetzt der erste Labormarktbericht für Jena erstellt, der zugleich der erste bundesweit ist.
Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Jena mbh (JenaWirtschaft) hat am 9. März 2023 den ersten Labormarktbericht für Jena und laut eigener Recherche auch für ganz Deutschland herausgegeben. Das Motiv für die Erstellung eines solchen Berichts bestand darin, den Teilmarkt der Laborflächen transparent zu machen, um Unternehmen und Forschungseinrichtungen valide Informationen für Investitionsentscheidungen bereitzustellen. Zugleich soll die Erhebung der kommunalen Standortentwicklung dienen. Denn, so die Studienautoren, Jena könne nur weiterwachsen, wenn die Stadt weitere, auf die Bedarfe der Unternehmen ausgerichtete Flächen entwickelt.
Labormarktbericht für Jena verzeichnet wachsende Nachfrage nach Laborflächen
Allein die rund 130 Unternehmen der Life Science-Branche in Jena – innovative Start-ups, starke Mittelständler und Global Player – haben in den letzten drei Jahren durch ihr enormes Wachstum die Nachfrage nach Laborflächen in die Höhe getrieben. Dr. Eike Dazert, Geschäftsführerin des Thüringer Branchenverbandes medways e.V., erklärt: „Mit rund 12.000 Beschäftigten ist die Branche ein absoluter Innovationstreiber.“ Die Geschäftsfelder reichten von Analytik und Diagnostik über klassische Medikamentenherstellung bis zu Laborautomation und Lasertherapie. Laut Dazert erwirtschaften die Jenaer Life Sciences-Unternehmen mehr als eine Milliarde Euro Umsatz pro Jahr, zwei Drittel davon durch Exporte.
JenaWirtschaft-Projektleiter Patrick Werner betont, dass die Unternehmen und Institute der Branche besondere Ansprüche an Laborflächen haben: „Das reicht von bestimmten Abluftfiltern über den Reinraum bis hin zum Genlabor.“ Entsprechend sei eine Mietpreisspanne in dem Segment nicht ausweisbar, die Netto-Rohbaumiete habe aber 2022 bei zehn Euro pro Quadratmeter gelegen. Während Gründer und junge Unternehmen vor allem Mietflächen nachfragten, würden Forschungseinrichtungen und gewachsene Firmen für den eigenen Bedarf bauen. Derzeit führten allerdings Flächenknappheit, hohe Bau- und Energiekosten, gestiegene Zinsen, die Inflation und eine schwierige Wirtschaftslage zu Unsicherheiten.
Laborflächen können nicht auf der grünen Wiese entstehen
Laut der Studie umfasst der Jenaer Labormarkt aktuell Flächen von zusammen über 104.000 Quadratmetern. Mehr als die Hälfte davon entfällt auf Hochschulen und Institute, ein Viertel auf forschende Unternehmen und rund ein Fünftel auf Produktionsflächen. Die dynamischsten Nutzer sind dem Bericht zufolge Institute und Unternehmen aus dem Life Sciences Cluster, der Optik und Photonik sowie der Präzisionstechnik. Sie sitzen vor allem am Beutenberg-Campus, in Jena-Nord sowie in den Gewerbegebieten Göschwitz und Jena21.
Aktuell befinden sich 8.700 Quadratmeter Laborfläche im Bau. Weitere 12.000 Quadratmeter müssten in den nächsten fünf Jahren hinzukommen, um dem Erweiterungsbedarf der Unternehmen zu entsprechen. Deshalb, so Patrick Werner, sollten die im Flächennutzungsplan vorgesehenen gewerblichen Vorbehaltsgebiete zügig entwickelt werden. Entscheidend hierbei sei, dass die Flächen ausreichend groß und für die Mitarbeiter gut erreichbar sind. Laborflächen könnten nicht irgendwo auf der grünen Wiese entstehen, sondern müssten an infrastrukturell gut ausgestatteten Standorten entwickelt werden.
Diese Einschätzung bestätigt eine Colliers-Studie zum deutschen Life Sciences- und Tech-Immobilienmarkt aus dem März 2023. Gesucht sind demnach Immobilien mit hoher ESG- und Smart-Building-Konformität, die städtebaulich gut integriert und infrastrukturell bestens erschlossen sind. Der Trend gehe dabei zu Objekten, die einen Campuscharakter oder eine mischgenutzte Quartiersstruktur haben. Dass nur etwa 43 Prozent der Mietvertragsabschlüsse im Bestand erfolgen, zeige, dass Life Sciences- und Tech-Unternehmen ihre speziellen Anforderungen am leichtesten in Neubauten umsetzen können.
Investoren lieferten Impuls für Labormarktbericht
Die Entstehung des ersten Jenaer Labormarktberichts reicht zurück bis in den Juli 2020. Damals fragten Investoren bei JenaWirtschaft nach Zahlen zum Labormarkt. Es lagen aber nur Daten zum Büroflächenmarkt vor. Darum recherchierte die Wirtschaftsförderung der Lichtstadt ab Herbst 2020 deutschlandweit nach belastbaren Daten und entwickelte 2021 in Abstimmung mit der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung (gif) eine eigene Methode zur Datenerhebung und Analyse. Im Jahr 2022 wurden dann Laborflächennutzer zu Bautätigkeiten und geplanten Baumaßnahmen sowie Eigentümer, Makler und Verwaltungen zu Beständen, Investitionsabsichten und Flächenumsätzen befragt. Aus dieser Datensammlung entstand im Frühjahr 2023 der vor kurzem präsentierte erste Labormarktbericht für Jena.