HousingAnywhere, Europas größte Plattform für mittelfristige Vermietungen, veröffentlicht ihren zweiten jährlichen Public Policy Digest und fordert einen Paradigmenwechsel: Künftig darf es nicht mehr nur um Wohnungsprobleme gehen – benötigt werden vielmehr Wohnungslösungen.
Der aktuelle Public Policy Digest thematisiert drei Maßnahmen, die ein Problem lösen sollen: den strukturellen Mangel an Wohnraumangebot. Erstens müssen die Regierungen schneller und flexibler mit neuen Wohnformaten, wie zum Beispiel Co-Living, auf das Problem des Wohnungsmangels reagieren. Zweitens erfordert die Situation einen ganzheitlichen Ansatz für das Thema Wohnen sowie drittens die Zusammenarbeit potentieller Lösungsanbieter.
1. Politik vernachlässigt aktuelle Änderungen im Wohnungsmarkt
Das Bedürfnis der Generation Z zu internationaler Mobilität und die sich verändernden Anliegen der wachsenden älteren Bevölkerung (65+) machen einen Wechsel zu flexiblen Wohnformen unumgänglich. Der Bericht zeigt, dass das Interesse der jungen und mobilen Bevölkerung an Zimmern in Gemeinschaftsunterkünften in Europa gestiegen ist. Während 2019 beispielsweise 56 Prozent der jungen Italiener an einem solchen Zimmer interessiert waren, lag dieser Wert im Jahr 2023 bei 76 Prozent. In Deutschland stieg der Prozentsatz von 61 Prozent im Jahr 2019 auf 76 Prozent im Jahr 2023.
„Wenn sich die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen in Bezug auf das Wohnen ändern, entstehen neue Wohnformen”, sagt Djordy Seelmann, CEO von HousingAnywhere. „Technologische Innovationen beschleunigen diesen Wandel weiter. Wir alle wissen das und reden darüber. Doch die tatsächlichen Veränderungen spiegeln sich in der politischen Diskussion oft nicht wider. Wenn die Politik sich nicht an die Bedürfnisse der Gesellschaft anpasst, regelt sie ungewollt eine veraltete Realität und verliert dadurch an Wirksamkeit und Relevanz.”
Immobilieninvestoren haben diese neue Nachfrage erkannt. So wurden in Spanien bereits neue Wohnkonzepte wie Co-Living erfolgreich implementiert. Nichtsdestotrotz ist ausreichende politische Unterstützung zur Implementierung von neuen Wohnkonzepten in vielen europäischen Staaten nicht vorhanden. Aufgrund des Ungleichgewichts zwischen steigender Nachfrage und knappem Angebot in den großen europäischen Städten entwickeln sich die Mietpreise weiter nach oben: Zum Beispiel hat, laut dem HousingAnywhere Rent Index, im ersten Quartal 2022 ein Zimmer in Berlin durchschnittlich 600 Euro pro Monat gekostet – im vierten Quartal 2023 waren es über 740 Euro. Entscheidend sind daher Maßnahmen, um neue Wohnformen zu fördern. Dabei soll die Politik ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Anreizen und Einschränkungen schaffen, um die Triple A (Availability, Affordability and Accessibility) von Mietwohnungen zu erreichen.
2. Integrierter Ansatz für Maßnahmen gegen Wohnungsnot fehlt
Das Wohnen spielt eine entscheidende Rolle im Leben jedes Einzelnen und beeinflusst auch Karriereentscheidungen maßgeblich. Olaf Scholz reagierte auf die 1,74 Millionen offenen Arbeitsstellen im Jahr 2022, immerhin 3,7 Prozent der deutschen Erwerbsbevölkerung, und stieß das Fachkräftezuwanderungsgesetz in Deutschland an, um qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Vereinfachte Visaverfahren für internationale Hochschulabsolventen unterstreichen das Engagement Deutschlands, Barrieren abzubauen. Die politischen Entwicklungen sind vielversprechend, doch sollten Diskussionen über die Wohnungsknappheit intensiviert werden, um nachhaltigen Erfolg zu garantieren.
Programme zur Anwerbung und Bindung von Talenten werden nicht erfolgreich sein, wenn das Thema Wohnen nicht im Mittelpunkt dieser Politik steht. Denn nur mit politischem Willen können Unternehmen nachhaltig Talente anziehen und an sich binden. Eine ganzheitliche Herangehensweise mit KPIs zu gemeinsamen Zielen für das Wohnen kann helfen, ein Silodenken zu verhindern.
3. Es braucht einen vielfältigen Mietmarkt, der allen Wohnbedürfnissen gerecht wird
Im Sinne der Vielfalt sollten gemeinsam politische Maßnahmen entwickelt werden, mit denen sich die Koexistenz verschiedener Wohnoptionen fördern und Angebote je nach den unterschiedlichen Anforderungen und Wünschen optimieren lassen. Private und öffentliche Mietwohnungen sowie Wohneigentum spielen dabei eine ergänzende Rolle. Der Bericht hebt auch die Bemühungen Italiens hervor: Wegen der Studentenproteste gegen steigende Mieten plant die Regierung, das Angebot an Studentenunterkünften zu erweitern, und schafft Anreize für private Investoren sowie öffentlich-private Partnerschaften.
HousingAnywhere steht für eine übergreifende Empfehlung, die als Ausgangspunkt dient: Es geht nicht ausschließlich darum, die akuten Wohnungsprobleme schnell zu bewältigen, sondern stattdessen ganzheitliche Wohnlösungen zu finden, die langanhaltend und nachhaltig sind. Angesichts der Komplexität des Wohnungswesens und der damit verbundenen politischen Aspekte kann ein Wechsel zu einem stärker vernetzten, kooperativen und holistischen Ansatz in der Wohnungspolitik den Weg für transformative Lösungen ebnen, mit denen sich die Herausforderungen im Wohnungswesen gemeinsam meistern lassen.