Der Mietendeckel sollte das Wohnen billiger machen und die Mieter entlasten. Was die Mütter und Väter des verfassungswidrigen Gesetzes nicht wahrhaben wollten: Der Markt reagiert auf eine derart extreme Regulierung ebenso extrem. Das zeigt auch die aktuelle Studie des ifo-Institutes zum Thema „Entwicklungen am Berliner Immobilienmarkt ein Jahr nach dem Mietendeckel“.
Untersucht wurden Daten des Online-Portals Immowelt.de. Während der Geltungsdauer des Mietendeckels sind die Annoncen für Mietwohnungen um 60 Prozent gesunken – und die Angebote verharrten seither auf niedrigem Niveau, wie die Analysten festgestellt haben. „Die Zahl der Mietannoncen für Wohnungen im regulierten Segment lag im vierten Quartal 2021 rund 70 Prozent unterhalb des Niveaus zu Beginn des Beobachtungszeitraums“, also ab dem zweiten Quartal 2017. In anderen Großstädten sei die Zahl dagegen konstant geblieben.
Von Angebots- und Schattenmieten
Weniger einfach und klar ist das Bild bei den Angebotsmieten. Während der Geltungsdauer des Mietendeckels wurden Bestandswohnungen zu den gedeckelten Mieten annonciert, im Kleingedruckten allerdings darauf verwiesen, dass nach dem Fall des Gesetzes marktübliche Mieten verlangt würden. So zeigt die Statistik, dass die Angebotsmieten im Geltungszeitraum des Gesetzes zur Mietbegrenzung im Wohnungswesen gesunken sind. „Dabei fällt auf, dass auch nach Inkrafttreten des Mietendeckels die durchschnittlichen Angebotsmieten im regulierten Segment über der zulässigen Höchstmiete lagen.“
Die Autoren der Studie vermuten, dass die Vermieter bereits von der Verfassungswidrigkeit ausgegangen seien und deshalb eine sogenannte „Schattenmiete“ vereinbart haben, also genau die Miete, die ohne Mietendeckel unter Beachtung der Mietpreisbremse möglich gewesen wäre – und nach dem Mietendeckel dann fällig war. Auch diese hypothetische Miete haben die Wissenschaftler analysiert: Sie lag zwar über der gedeckelten Miete, stieg jedoch elf Prozentpunkte pro Quartal weniger als in anderen Großstädten. „Damit liegen die Gesamtkosten für Miete und Rückzahlungen infolge des Verfassungsgerichtsurteils im Durchschnitt unter den Kosten, die ohne den Mietendeckel entstanden wären.“ Das gilt zumindest für das extrem zurückgegangene Angebot an inserierten Bestandswohnungen bis einschließlich Baujahr 2013.
Mieten zogen nach Mietendeckel-Aus sofort an
Ganz anders haben sie sich im nichtgedeckelten Bereich entwickelt. Die Mieten für Wohnungen ab Baujahr 2014 stiegen um fünf Prozentpunkte stärker im Vergleich zum Vorjahr als in anderen deutschen Großstädten. „Die heutigen Mieten im unregulierten Segment in Berlin sind demnach höher im Vergleich zum kontrafaktischen Szenario, in dem der Berliner Mietendeckel nicht eingeführt wurde.“
Nach dem Mietendeckel-Aus zogen die Mieten wieder an, aber nicht so stark wie befürchtet. „Ein Nachhol- oder Kompensationseffekt ist zwar zu beobachten; allerdings ist dieser nicht substanziell genug, um das Mietniveau wieder auf das Niveau zu heben, das ohne den Mietendeckel zu erwarten gewesen wäre“, schlussfolgern die Autoren. Welchen Einfluss die Mietpreisbremse dabei hat, wurde nicht untersucht. Die Mieten in beiden Segmenten nähern sich inzwischen wieder an: Im ehemals gedeckelten Bereich steigen sie moderat, die im nichtgedeckelten Bereich sinken leicht. Insgesamt bleibe der Anstieg der Angebotspreise jedoch hinter dem Trend in anderen Großstädten zurück.
Zahlreiche Mietwohnungen wurden in Eigentumswohnungen umgewandelt
Was es mit dem schlagartigen Wohnungsschwund auf sich hat, auch das wurde untersucht. Die Autoren der Studie vermuten, dass ein Teil der Wohnungen nicht weiter vermietet, sondern zum Kauf angeboten wurde. Die Zahlen bestätigen zumindest, dass mit Einführung des Mietendeckels erheblich mehr Inserate für Eigentumswohnungen gab. Es sei nicht überraschend, dass die Preise weniger stark gestiegen sind als im gleichen Zeitraum in anderen deutschen Metropolen, da Wohnungspreise erwartete Mietpreise widerspiegelten. Was die Autoren nicht erwähnen: Auch ein plötzlich höheres Angebot mitten in einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit wie einer Pandemie drückt auf die Preise.
Nach dem Mietendeckel-Aus war die Zahl der Kaufangebote ab dem zweiten Quartal 2021 dann wieder rückläufig. Aber: „Die Ergebnisse zeigen, dass das Preiswachstum im regulierten Segment in Berlin auch nach Abschaffung des Mietendeckels noch deutlich geringer war als in den 13 nächstgrößten Städten.“ Ende vergangenen Jahres habe die Wachstumsrate der Kaufpreise sechs Prozentpunkte niedriger gelegen als in anderen Großstädten relativ zum ersten Quartal 2019. „Dieses Ergebnis könnte darauf hindeuten, dass potenzielle Investoren davon ausgehen, dass die oben aufgezeigte schwächere Mietpreisentwicklung im regulierten Segment längerfristig fortbesteht.“ Im nichtregulierten Segment konnten keine signifikanten Effekte festgestellt werden.