Mit der Wohnwetterkarte stellen BPD und bulwiengesa analog zu einer Wetterkarte anhand eines Temperaturgefälles das Verhältnis von Angebot und Nachfrage für jede der rund 11.000 deutschen Städte und Gemeinden dar. Die Wohnwetterkarte für 2023 ist nun da und die Ersteller sehen den Wohnungsbau in der Krise und Projektentwickler und Politik gleichermaßen gefordert.
Zum fünften Mal in Folge legen der Projekt- und Gebietsentwickler BPD (Bouwfonds Immobilienentwicklung) und das Analyseunternehmen bulwiengesa ihre gemeinsame Analyse zur Situation des Wohnungsmarktes in Deutschland vor. Mit der sogenannten Wohnwetterkarte werden Wohntrends und deren Veränderungen zu früheren Jahren anhand einer Farbskala ähnlich einer Wetterkarte dargestellt.
Gut angebundene und bezahlbare Regionen gefragt
Für 2023 ist klar: Dominierende Trends der Vorjahre, wie der Corona-Effekt – ein leichtes Abkühlen der Großstädte durch stärkere Abwanderung in ländliche oder touristische Regionen mit dem Wunsch nach größerer Wohnfläche – sind kaum mehr feststellbar. Die Kombination aus relativer wirtschaftlicher Stabilität, Homeoffice und einer Höherbewertung von attraktiven Landschaften gegenüber pulsierenden Großstädten hatte in den letzten beiden Wohnwetterkarten die touristisch attraktiven Regionen wärmer werden lassen. Diese Entwicklung hat sich nicht fortgesetzt.
Stattdessen lenkt die aktuelle Lage am Wohnungsmarkt nun die Bedarfe in insbesondere bezahlbare und gut angebundene Regionen. Ein deutlich wärmeres Wohnwetter ist zum Beispiel entlang der großen Verkehrsachsen zwischen den Ballungsräumen zu sehen – etwa im Raum Rotenburg / Wümme an der A1, im Raum Minden an der A2 oder im Rheinland im Raum Jülich / Erkelenz; großflächig entlang des Oberrheins von Bruchsal im Norden bis Weil am Rhein im Süden sowie auf niedrigerem Niveau im gesamten Korridor zwischen Berlin und Hamburg.
Umland weitet sich aus
Während in den vergangenen Jahren eine klare Tendenz in Richtung Umzug in das ländlichere Umland der Metropolen vorherrschte, erfasst dieser Trend inzwischen auch kleinere und bezahlbarere Großstädte im weiteren Umland. Die hohen Miet- und Kaufpreise in den Metropolen zwingen viele Menschen, Alternativen in kleineren Städten oder im Umland zu suchen. Dies zeigt sich beispielsweise sehr deutlich in Baden-Württemberg mit den Städten Heilbronn, Pforzheim und Reutlingen. In Berlin weitet sich das Umland noch weiter aus: Inzwischen gehört die Linie Fehrbellin – Brandenburg – Bad Belzig zum Berliner Ballungsraum. Im Südosten reagiert der Raum Storkow – Fürstenwalde auf die Anziehungskraft der Tesla-Ansiedelung.
Alexander Heinzmann, Geschäftsführer (Sprecher) BPD Deutschland, sagt: „In den letzten Jahren haben wir viel über die Frage Metropole versus attraktive ländliche Räume gesprochen. Unter dem Eindruck der Corona-Pandemie war der Wunsch nach Wohnen mit eigenem Garten und einer Umgebung mit viel Natur und der Arbeit im Homeoffice stark ausgeprägt. Die derzeitige bundesweite Wohnungskrise rückt nun vor allem gut angebundene Regionen mit Kostensparpotenzial in den Fokus der Nachfrager.“
Wohnungsmarkt stark angespannt
Bulwiengesa rechnet für die nächsten fünf Jahre mit im Mittel 226.800 Wohnungsfertigstellungen im Jahr. Demgegenüber stellt das Unternehmen 561.000 benötigte Wohnungen pro Jahr – Zuwanderungen durch den Ukraine-Krieg und eine benötigte qualifizierte Zuwanderung durch den Ruhestand der Baby-Boomer-Generation spielen hier eine Rolle.
Alexander Heinzmann: „Die aktuelle Wohnwetterkarte steht eindeutig unter dem Einfluss der aktuellen Krise im Wohnungsbau. Die Faktoren Zinsen, Baukosten und Zuwanderung wirken sich auf das ganze Land aus – verglichen mit 2022 ist es also insgesamt deutlich heißer geworden. Hier wird deutlich, dass der Wohnungsmarkt insgesamt stark angespannt ist.“
Wohnungsbau in der Krise – Projektentwickler und Politik gleichermaßen gefordert
Wohnungsbau war in den letzten Jahren bereits herausfordernd – die Situation hat sich weiter verschärft. Neben fehlenden Flächen rückt aktuell die wirtschaftliche Herausforderung, überhaupt bezahlbaren Wohnraum realisieren zu können, in den Vordergrund. Angesichts steigender Baukosten und nach wie vor hohen Grundstückspreisen ist eine Reduktion der Verkaufs- und Mietpreise auf Angebotsseite kaum möglich – Käufer wiederum können sich angesichts des aktuellen Zinsniveaus nur noch deutlich weniger leisten.
BPD und bulwiengesa kommen deshalb zu dem Schluss, dass jetzt Projektentwickler und Politik gleichermaßen gefragt sind. Projektentwickler müssten ihre Produkte auf die finanzielle Leist- und Nutzbarkeit anpassen, die Politik sich wiederum mit schlankeren und schnelleren Planungs- und Genehmigungsprozesse beschäftigen. Ebenso notwendig sei die bauplanungsrechtliche Anpassung an geänderte Notwendigkeiten sowie die Überprüfung der wirtschaftlichen Darstellbarkeit von Stellplatznormen, Quoten für geförderten Wohnraum und anderen kommunal verantworteten Kostenpositionen beim Wohnungsbau.