Bereits zum vierten Mal legen der Projekt- und Gebietsentwickler BPD (Bouwfonds Immobilienentwicklung) und das Analyseunternehmen bulwiengesa mit ihrer Wohnwetterkarte eine Analyse zur kleinräumigen Situation des Wohnungsmarktes in Deutschland vor. Erstmals zeigt sich dabei an zahlreichen Standorten eine Trendwende – das Umland heizt sich stärker auf als die Kernstädte selbst, was auf einen stärker werdenden Wohnungsdruck in den Umlandgemeinden hinweist.
Bautätigkeit durch Krisensituation zusätzlich gebremst
Am heißesten in der Wohnwetterkarte sind nicht Kommunen, die nur eine hohe Wohnungsnachfrage haben, sondern es betrifft die Städte und Gemeinden, in denen eine sehr hohe Nachfrage auf eine zu geringe Bautätigkeit trifft. Dabei ist die Bautätigkeit durch die aktuelle Krisensituation mit dem Krieg in der Ukraine, Materialengpässen sowie der steigenden Zinsen und der hohen Inflation auch bei den Baukosten zusätzlich gebremst. Gleichzeitig sind bei aller sonstigen Unsicherheit die demografischen Rahmenbedingungen auf der Nachfrageseite stabil und energieeffizienter Neubau ein Schutz vor Energiepreisanstiegen.
Wohnwetterkarte 2022: Kernstädte kühlen erstmals seit Jahren ab und Wohnungsdruck im Umland wächst
Mit der Wohnwetterkarte stellen BPD und bulwiengesa analog zu einer Wetterkarte anhand eines Temperaturgefälles das Verhältnis von Angebot und Nachfrage für jede der rund 11.000 deutschen Städte und Gemeinden dar und geben einen Ausblick auf die nächsten drei bis fünf Jahre. Als Indikator dient insbesondere der Bedarf an Wohnungen, der unter anderem mit dem aktuellen Bauvolumen abgeglichen wurde. Je heißer eine Gemeinde, desto größer ist der Wohnraumbedarf bei zu geringer Bautätigkeit.
Die Wohnwetterkarte soll mit ihrer bildhaften Darstellung politische Entscheidungsträger, Investoren und Nutzer für die Situation auf dem jeweiligen Wohnungsmarkt sensibilisieren. Zudem soll sie dazu anregen, gemeinsam Lösungen für die unterschiedlichen lokalen Herausforderungen zu finden.
Alexander Heinzmann, Geschäftsführer von BPD in Deutschland, sagt: „In den letzten Jahren haben wir in unserer Analyse festgestellt, dass die Ballungsräume weiter wachsen und stetig weiter nach außen ins Umland hineinreichen. In der Wohnwetterkarte des Jahres 2022 zeigt sich jetzt erstmals, dass die Kernstädte abkühlen, während sich die Hitze weiter auf das Umland verteilt.
Es ist der räumliche Bereich, in dem sich die demografisch starke Generation der 30- bis 35-Jährigen Wohnen mit eigenem Garten, eine Umgebung mit viel Natur und Arbeit im Homeoffice wünscht. Dieser Effekt wurde durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie deutlich verstärkt.“
Beispielhaft seien die Städte Nauen, Strausberg und Zossen um Berlin genannt, die sich längst dunkelrot eingefärbt haben. Ebenso heizten sich die Städte Ingolstadt, Rosenheim und Garmisch rund um München deutlich auf.
Umland nimmt Druck von den Kernstädten – aber nur wo die Infrastruktur mitwächst
Das Zusammenspiel von großen Kernstädten mit einem Umland aus leistungsstarken kleineren Städten, die die Wohnnachfrage aufnehmen können, sorgt für einen Temperaturausgleich in den Regionen. Eine Voraussetzung dafür ist eine funktionierende moderne und bedarfsgerechte soziale sowie verkehrliche Infrastruktur.
Die Gegensätze von warm und kalt haben sich beispielsweise in Teilen Baden-Württembergs verringert, sodass Städte wie Mannheim, Heidelberg und Karlsruhe verhältnismäßig kühler geworden sind. In Hessen ist dieser Effekt im Bereich von Wiesbaden und Darmstadt festzustellen, in Nordrhein-Westfalen im Raum Köln und Düsseldorf. Eine Gemeinsamkeit dieser Großstädte ist, dass sie entweder ausreichend bauen oder über ein Umland aus leistungsstarken kleineren Städten verfügen. Diese können die Nachfrage aufnehmen und haben sich deshalb auf der Wohnwetterkarte aufgeheizt.
Richtige Wohnprodukte für die Ballungsräume als Lösungsansatz
„Wachsende Regionen sind aufgrund des weiterhin hohen Wohnungsbedarfs zum Handeln gezwungen, sonst werden Menschen aus der Region verdrängt und das Verkehrsaufkommen steigt. Die Stadtentwicklungsplanung muss deshalb auf die langfristigen Veränderungen reagieren und das Umland von großen Kernstädten mitdenken. Dabei kommt es entscheidend darauf an, sich mit passenden und in der Zukunft nachgefragten Wohntypologien zu beschäftigen“, sagt Alexander Heinzmann.
Zentrale Bedeutung kommt deshalb einer Diskussion über die Wohnbedürfnisse und Wohnwünsche der Menschen zu. Der weit verbreitete Wunsch nach einem grünen Wohnumfeld mit entsprechendem Raumangebot muss deshalb in den planerischen Überlegungen seine Berücksichtigung finden. Dies wird eine Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur ebenso beinhalten wie einen flächeneffizienten Städtebau mittlerer Dichte.