Zwischennutzung von Projektentwicklungen: Transiträume für Kunst und Kultur in Berlin

Zwischennutzung von Projektentwicklungen: Transiträume für Kunst und Kultur in Berlin

Zwischennutzung von Projektentwicklungen: Transiträume für Kunst und Kultur in Berlin
Die Lichtinstallation Black Widow von Djeff im Böhmischen Brauhaus. Foto: Till Budde / PANDION AG

Was macht Berlin attraktiv? Kunst und Kultur. Doch in der Hauptstadt, in der es an Wohnraum mangelt, fehlt auch zunehmend der Raum für Ateliers und kreative Freiräume. Gemeinsam mit Unternehmen der Immobilienwirtschaft versucht der Verein Transiträume, ebendiese anzubieten. Doch wie uns Moritz Tonn, Leiter der Geschäftsstelle des Vereins, im Interview erklärt, gibt es dabei ein Problem, das sich nur politisch lösen lässt.

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Bereits der Name Transiträume suggeriert, dass sich der Verein nicht um etwas Dauerhaftes, sondern um etwas Temporäres bemüht. Worum geht es?

Moritz Tonn: Es gab Zeiten in Berlin, da standen viele Immobilien leer, weil die Stadt im Umbruch war – und dieser Leerstand bot Raum für Kreative. Es gab auch ausreichend preisgünstigen Gewerberaum für Ateliers. Dieser Freiraum hat Berlin zu einem Anziehungspunkt für Künstler aus aller Welt und die Hauptstadt zu einer spannenden, bunten Metropole gemacht. Doch mit dem Interesse an Berlin schrumpfte der verfügbare Freiraum. Deshalb haben Akteure aus der Immobilienwirtschaft 2017 begonnen, Immobilien und Areale, die leer und vor einer Projektentwicklung standen, kostenlos für Zwischennutzungen anzubieten. Quasi für die Durchreise von Kunst und Kultur.

2021 haben wir dann den Verein gegründet. Zu den Mitgliedern gehören bekannte Projektentwickler wie Pandion, D&H, MNH Consulting oder 4Projekte sowie der BFW Landesverband Berlin/Brandenburg e.V. Auch wenn eine Zwischennutzung nur etwas Temporäres ist, wollen wir sie zum Standard in Berlin machen. Das Potenzial ist da, unsere Aufgabe ist es, das Bewusstsein für eine kulturelle Zwischennutzung zu schärfen.

Wie viele Projekte konnten Sie inzwischen unterstützten und was läuft aktuell?

Moritz Tonn: Wir haben 2017 mit einem Pilotprojekt begonnen: THE HAUS von Pandion. Gemeinsam mit dem Verein Berlin Art Bang wurde ein leeres Bankgebäude in der Nürnberger Straße in die weltweit größte temporäre Street Art-Galerie umfunktioniert. Seit der Vereinsgründung haben wir 22 Projekte angeschoben oder uns daran beteiligt. Unser Hauptsponsor ist Engel&Völkers Commercial.

In diesem Frühjahr hatten wir mit „Himmel unter Berlin“ ein Leuchtturmprojekt mit Clara und Sven Sauer. 14 Künstlerinnen und Künstler haben in einem leer stehenden Berliner Brauereigewölbe Lichtinstallationen aufgebaut. Derzeit wird von ukrainischen Künstlern ein ehemaliges Edel-Bordell voller Plüsch und Pomp in Berlin-Charlottenburg unter dem Namen Ukrainian Cultural Community (UCC) als Künstlerresidenz zwischengenutzt. Geflüchtete ukrainische Künstlerinnen und Künstler haben hier die Möglichkeit, Kunst zu schaffen. Ab Ende Oktober sollen dort wechselnde Ausstellungen gezeigt werden.

Zwischennutzung als Politikum: Raumnot der Kreativen in Berlin ist groß

Ihre Idee Leerstand für Kunst und Kultur zu nutzen, klingt simpel. Doch inzwischen engagiert sich der Verein auch politisch. Was ist das Problem?

Moritz Tonn: Die Raumnot der Kreativen in Berlin ist so groß, dass der Berliner Senat im Rahmen des Arbeitsraumprogrammes (ARP) Künstlerinnen und Künstlern für eine Miete von vier bis fünf Euro pro Quadratmeter Räume vergibt. Die Aufgabe hat inzwischen die Kultur Räume Berlin, vertreten durch die Kulturraum Berlin GmbH, übernommen. Die Miete wird vom Land Berlin - also aus Steuergeldern - subventioniert. Doch ausreichend Räume gibt es trotzdem nicht. Wir wollen Orte temporär für Projekte kostenfrei zur Verfügung stellen, doch dabei gibt es riesige Hürden zu überwinden.

Wenn man eine Immobilie für zwei Wochen für ein Kulturprojekt anbieten will, hängt ein riesiger bürokratischer Akt der Umnutzung dran. Und noch verrückter: Das Steuerrecht lässt das im Grunde nicht zu. Wenn ein privater Eigentümer ein leerstehendes Ladengeschäft Kreativen kostenlos als Atelier oder Galerie zur Verfügung stellen will, dann muss er für die hypothetisch zu erzielende Mieteinnahme Steuern bezahlen. Da winken natürlich viele ab, zu Recht. Und die Läden bleiben leer, mit all den Folgen, die das für das Stadtbild und die Lebensqualität der Bürger im Kiez hat. Wir bemühen uns deshalb um Gespräche mit der Politik auf verschiedenen Ebenen, damit das geändert wird.

Stoßen Sie mit diesem Thema auf offene Ohren?

Moritz Tonn: Das Verständnis von Seiten der Politikerinnen und Politiker, mit denen wir gesprochen haben, ist durchaus da. Aber dazu müsste das Steuerrecht geändert werden. Wir sind derzeit dabei, Arbeitskreise zu bilden. Vom Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf werden wir sehr unterstützt. Die Bezirksbürgermeisterin Kirstin Bauch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) kennt unseren Verein, ist offen und hat Kunst und Kultur auf dem Schirm. Wir arbeiten im Bezirk mit der Wirtschaftsförderung zusammen, um die steuerliche Last von den Schultern der Eigentümer zu nehmen. Gemeinsam mit dem Bezirk arbeiten wir im Grunde an einer Blaupause auch für andere Bezirke. Am Ende ist Raum, wo man sich treffen kann, Grundvoraussetzung für nachbarschaftliche Kommunikation und das Zusammenleben in der Stadt.

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